Archäologie

Römische Befestigungsanlage entdeckt

Provisorisch errichtete Anlage könnte Römern in der Varusschlacht als Schutz gedient haben

Szene der Varusschlacht (Gemälde von Friedrich Gunkel) © Gemeinfrei

Letzter Zufluchtsort? Archäologen haben in der Fundregion Kalkriese eine bisher unbekannte römische Befestigungsanlage entdeckt. Die defensiv angelegte Wallanlage mit vorgelagertem Graben könnte im Zusammenhang mit einem der letzten Gefechte der Varusschlacht entstanden sein. Denn die provisorische Bauweise und der unregelmäßige Verlauf sprechen dafür, dass die Soldaten den Schutzwall in großer Eile und Bedrängnis errichteten.

Der Bramscher Ortsteil Kalkriese am Wiehengebirge ist weit über die Grenzen des Osnabrücker Lands hinaus bekannt. Denn hier soll sich im Jahr neun nach Christus die berühmt-berüchtigte Varusschlacht abgespielt haben. Der antiken Überlieferung zufolge gerieten damals drei römische Legionen, angeführt von Publius Quintilius Varus, in einen Hinterhalt der Germanen. Das auch als „Schlacht im Teutoburger Wald“ bekannte Ereignis soll einige Tage gedauert und mit einer vernichtenden Niederlage der Römer geendet haben.

Seitdem Archäologen in den 1990er Jahren in Kalkriese Reste einer Wallanlage und andere Fundstücke ausgegraben haben, verdichten sich die Indizien, dass es sich um Hinterlassenschaften eben dieser Schlacht handeln könnte – und mit jeder Ausgrabung kommen weitere interessante Funde dazu. Forscher um Salvatore Ortisi von der Ludwig-Maximilians-Universität in München haben auf dem historischen Schlachtfeld nun eine bisher unbekannte Befestigungsanlage entdeckt.

Bereits rekonstruierte Wälle auf dem Varusschlachtfeld bei Kalkriese © Markus Schweiß/ CC-by-sa 3.0

Defensiv angelegt

Bei ihren vor Kurzem begonnenen Ausgrabungen stießen die Wissenschaftler auf eine provisorisch errichtete Wallanschüttung mit vorgelagertem Graben in nördlicher Richtung. Bereits im Sommer 2016 hatten Archäologen einen ähnlichen Wall entdeckt. Ortisi und seine Kollegen glauben: Beide Anschüttungen könnten gemeinsam mit einem bereits vor Jahren gefundenen Wallabschnitt im Süden Teil einer Befestigungsanlage der Römer sein.

Zwar entspricht das Bauwerk nicht den üblichen römischen Standards. Technik und Bauweise sprechen jedoch eine klare römische Sprache, wie die Forscher berichten. Defensiv angelegt und ausgestattet mit einem nach außen gerichteten Graben nutzten die Römer anscheinend die Topografie des Geländes, um sich zu verschanzen.

In Eile und Bedrängnis errichtet?

Aufgrund der Größe gehen die Archäologen davon aus, dass hier 2.000 bis 3.000 Mann Schutz gesucht haben. Die Funde zeigen außerdem, dass hier Kämpfe stattfanden. „Das spricht womöglich dafür, dass wir es hier mit einem der letzten Gefechte zwischen den Römern und Germanen im Verlauf der Varusschlacht zu tun haben“, sagt Ortisi.

Dies könnte auch erklären, warum die Römer bei der Errichtung ihrer Anlage nicht den üblichen Standards folgten – sie hatten womöglich schlicht keine Zeit dafür. „Der unregelmäßige Verlauf spricht dafür, dass die römischen Soldaten das in großer Eile und Bedrängnis gemacht haben dürften“, so Ortisi.

„Verlauf der Schlacht besser verstehen“

Der neue Fund bestätigt die Wissenschaftler in ihrer Annahme, dass die Varusschlacht in Kalkriese stattgefunden haben muss. Sie rechnen nun im weiteren Verlauf der Untersuchungen mit weiteren Funden und Befunden. Doch schon jetzt wirft die Entdeckung der unregelmäßig verlaufenden Anlage neue Fragen auf: Aus welcher Richtung kamen die Römer? Von wo aus haben die Germanen angegriffen? Und wo könnten sich noch weitere Lager- und Gefechtsorte befinden?

„An der Datierung ändern die neuen Erkenntnisse nichts. Vielmehr ermöglichen sie uns, den Verlauf der Varusschlacht besser zu verstehen. Es ist wirklich spannend, diesen Ort im Kontext der Varusschlacht, die ja immerhin mehrere Tage gedauert haben soll, einzuordnen“, schließt Ortisi. Zu diesem Zweck sollen künftig gezielt weitere Flächen großräumig untersucht werden.

„Das Forscherteam wird versuchen, den großen Kontext, aber auch die kleinräumigen Szenarien besser zu erfassen. Dabei werden sicherlich viele kleine und große Erkenntnisse ans Tageslicht kommen, über die wir heute noch nichts wissen“, ergänzt Joseph Rottmann, Geschäftsführer Varusschlacht im Osnabrücker Land.

(Universität Osnabrück, 26.09.2017 – DAL)

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