Mexiko kommt nicht zur Ruhe: Nur zwölf Tage nach dem letzten Starkbeben erlebt Mexiko das nächste Beben. Die Erdstöße der Stärke 7,1 trafen vor allem die Hauptstadt Mexico City – ausgerechnet am 32. Jahrestag der schlimmsten Bebenkatastrophe, die die Stadt erlebt hat. Auch jetzt sind viele Gebäude der Hauptstadt eingestürzt, die Zahl der Toten steigt. Warum jetzt dieser Doppelschlag passierte, darüber rätseln nun die Seismologen.
Das Erdbeben vom 19. September 1985 gilt als eines der verheerendsten überhaupt – und als Beispiel für fatale Resonanzschwingungen. Denn Teile von Mexico City sind auf dem weichen Grund eines ehemaligen Sees errichtet. Als die Erdstöße der Stärke 7,8 dieses Gebiet erreichten, verstärkte dieser Untergrund bestimmte Oberflächenwellen des Bebens um das bis zu 20-Fache. Als Folge stürzten weite Teile des Stadtgebiets ein, mehr als 10.000 Menschen starben.
Das zweite Beben innerhalb von zwei Wochen
Auf den Tag genau 32 Jahre nach diesem historischen Beben haben nun erneut Erdstöße die mexikanische Hauptstadt getroffen. Das Epizentrum des Bebens der Magnitude 7,1 lag rund 120 Kilometer südöstlich der Stadt. Trotz der seit 1985 verschärften Bauvorschriften sind erneut viele Gebäude eingestürzt, ersten Meldungen nach hat es mindestens 250 Todesfälle gegeben – und die Zahlen steigen noch.
Damit erlebt Mexiko nun das zweite starke Beben innerhalb von zwei Wochen. Denn erst am 7. September 2017 hatte sich vor der Küste von Chiapas, rund 650 Kilometer vom aktuellen Epizentrum entfernt, ein Beben der Stärke 8,1 ereignet. Es war das stärkste seit der Katastrophe von 1985. Dank eines Frühwarnsystems und günstigerer Untergründe wurden zwar viele Gebäude im Süden Mexikos zerstört, die Folgen waren aber weit weniger verheerend als 1985.
Herd in subduzierter Platte
Beide aktuellen Erdbeben haben eine Gemeinsamkeit: Beide ereigneten sich nicht direkt an einer Plattengrenze, sondern innerhalb der Cocosplatte. Diese ozeanische Erdplatte taucht vor der Pazifikküste Mexikos und der USA unter die Nordamerikanische Platte ab. Dabei jedoch verläuft diese in die Tiefe gedrückte Cocosplatte zunächst fast gerade unter der Kontinentalplatte und knickt erst einige hundert Kilometer landeinwärts in die Tiefe ab.
Die Erdbeben vom 7. und 19. September, hatten beide ihren Ursprung in dieser untergetauchten Platte, wie der US Geological Survey meldet. „Die Position, Tiefe und der Mechanismus dieses Erdbebens sprechen dafür, dass dies ein Intraplatten-Ereignis innerhalb der subduzierten Cocosplatte ist“, heißt es zum aktuellen Beben. Das erste Epizentrum lag sich rund 100 Kilometer von der oberirdischen Plattengrenze entfernt, das zweite rund 300 Kilometer.
Der Ursprung des aktuellen Bebens lag demnach genau an der Stelle, an der die Cocosplatte nach eher geradem Verlauf steil in die Tiefe abknickt. Das Hypozentrum lag in 57 Kilometern Tiefe und damit am oberen Rand der abtauchenden Cocosplatte, wie das USGS berichtet.
Warum zwei Beben hintereinander?
Warum aber hat die Erde in Mexiko zweimal so dicht nacheinander gebebt? Handelt es sich um ein Nachbeben? Wie Seismologen erklären, ist dies eher unwahrscheinlich. Denn beide Epizentren liegen 650 Kilometer auseinander und damit zu weit entfernt, um vom gleichen Bruch in der Erdkruste auszugehen.
Eine andere Möglichkeit wäre eine Art Trigger-Effekt: Der Riss in der Erdkruste könnte in angrenzenden Verwerfungen die Spannung im Untergrund erhöht haben. Allerdings reicht dieser Übertragungseffekt nach Angaben von Forschern typischerweise nur um das Drei- bis Vierfache so weit wie die Länge des frischen Bruchs. Beim Erdbeben vor zwölf Tagen riss die Kruste auf einem 100 Kilometer langen Stück auf, seine Fernwirkung dürfte demnach maximal 300 bis 400 Kilometer weit gereicht haben – das ist nicht weit genug für das aktuelle Beben.
Löste ein Trigger-Effekt das zweite Beben aus?
Auch ein sogenanntes dynamisches Triggern kann Folgebeben verursachen: Dabei erschüttern die seismischen Wellen des ersten Bebens eine entfernte Schwachstelle und dadurch bricht auch dort eine verhakte Verwerfung auf – wie bei einer Art Kettenreaktion. Das Problem hier: Typischerweise folgen durch das dynamische Triggern ausgelöste Beben innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen aufeinander, wie Eric Fielding vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in „nature“ erklärt.
Doch die zwölftägige Pause zwischen den beiden aktuellen Erdbeben sei für diesen Triggerprozess zu lang, so der Experte. Er und sein Team sind bereits dabei, die topografischen Veränderungen zu analysieren, die durch die Beben vom 7. und 19. September verursacht wurden. Möglicherweise findet sich dort eine Erklärung für diesen „Doppelschlag“.
(USGS, nature, 20.09.2017 – NPO)