Medizin

Intervallfasten taugt nicht als Jungbrunnen

Fastende Mäuse altern ähnlich schnell wie Artgenossen

Fasten: Gesundmacher ja, Jungbrunnen wohl eher nicht. © Itakdalee/ iStock.com

Essenspausen als Anti-Aging-Mittel? Intervallfasten kann sich positiv auf die Gesundheit auswirken – doch Alterungsprozesse lassen sich dadurch nicht aufhalten. Das legt nun zumindest eine Studie mit Mäusen nahe. Demnach wirkte sich ein regelmäßiger Wechsel zwischen Fasteneinheiten und normalen Essensphasen nur minimal bis gar nicht auf typische Alterserscheinungen aus. Trotzdem lebten die fastenden Tiere länger als ihre Artgenossen – denn die Essenspausen bremsten das Wachstum lebensbedrohlicher Krebsgeschwüre.

Fasten beeinflusst den Körper auf vielfältige Weise und gilt heute fast schon als Allheilmittel. Denn Forscher stellen inzwischen immer mehr fest, dass an der alten Tradition des Nahrungsverzichts mehr dran ist als man lange Zeit glaubte. Studien mit Mäusen belegen etwa, dass schon kurze Fasteneinheiten im Wechsel mit normalen Essensphasen die Fettverbrennung ankurbeln, den Insulinspiegel sinken lassen und sich positiv auf den Zellstoffwechsel auswirken. Auf diese Weise scheint das Fasten gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und sogar gegen Krebs helfen zu können.

Die positiven gesundheitlichen Effekte des Fastens wirken sich bei Tieren auch auf die Lebensdauer aus: Mäuse und Affen, die auf strenge Diät gesetzt werden, leben deutlich länger als Artgenossen, die freien Zugang zu Nahrung haben: Umgerechnet in Menschenjahre werden die Nager etwa zwölf Jahre älter. Doch bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass die Tiere durch das Fasten langsamer altern?

Längeres Leben gleich langsames Altern?

„In Fachkreisen war diese Ansicht bisher weit verbreitet. Oft stützt sie sich darauf, dass fastende Tiere länger leben als Vergleichstiere. Nur die Lebensdauer zu betrachten, ist allerdings wenig aussagekräftig. Denn eine Lebensverlängerung kann durch eine isolierte Wirkung auf bestimmte lebensbegrenzende Krankheitsprozesse bedingt sein“, sagt Dan Ehninger vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn.

Die fastenden Mäuse durften im Wechsel einen Tag gar nichts fressen und einen Tag nach Belieben schlemmen. © David De Lossy/ iStock.com

Um das Potenzial von Essenspausen als Anti-Aging-Mittel besser bewerten zu können, haben der Mediziner und sein Team nun die Wirkung des sogenannten Intervallfastens bei Mäusen untersucht. Dabei betrachteten sie nicht nur die reine Lebensdauer, sondern eine Fülle von Alterserscheinungen. Für den Versuch bekamen 160 männliche, genetisch identische Mäuse entweder jeden Tag oder nur alle zwei Tage Nahrung. Die Hungerkur für die Fastengruppe begann dabei im Alter von acht Wochen und setzte sich bis zum natürlichen Lebensende der Nager fort.

Keine alternsverzögernde Wirkung

Alle Tiere wurden zu Lebzeiten und nach ihrem Tod umfangreich untersucht. Dabei betrachteten die Forscher 239 Parameter – von der Sehfähigkeit, über Funktionen des Herz-Kreislauf-Systems, bis hin zu Blutwerten und altersabhängigen Veränderungen in unterschiedlichen Geweben. Das ernüchternde Ergebnis: Nur bei sieben der untersuchten Parameter fand das Team ein Muster, das mit einer Verzögerung des Alterns konsistent ist.

„Letztlich haben wir festgestellt, dass beide Tiergruppen in ähnlicher Weise gealtert sind. Das Fasten hatte darauf nur wenig Einfluss“, sagt Mitautor Martin Hrabĕ de Angelis vom Helmholtz Zentrum München. Anhaltspunkte für eine durchschlagende alternsverzögernde Wirkung des Fastens scheint es demnach nicht zu geben – und dennoch wurden die fastenden Mäuse älter als ihre Artgenossen.

Tumorwachstum ausgebremst

Dieser Effekt lässt sich durch eine bestimmte positive gesundheitliche Folge des Fastens erklären. Wie die Wissenschaftler berichten, starben die meisten Nager an Krebs. Bei den Tieren, die fasteten, entwickelten sich die Tumore jedoch langsamer, sodass sie im Schnitt länger lebten. Die krebshemmende Wirkung von regelmäßigen Essenspausen hängt damit zusammen, dass sich dadurch der Stoffwechsel umstellt.

„Der Stoffwechsel steht dann nicht auf Wachstum. Diese metabolische Bremse kann sich sowohl auf gesunde Zellen wie auf Krebszellen auswirken. Die Tumorentwicklung ist daher unterdrückt“, sagt Hrabĕ de Angelis.

Nicht eins zu eins übertragbar

Gesundmacher ja, Jungbrunnen wohl eher nicht – doch gilt diese Erkenntnis auch für den Menschen? „Intervallfasten ist im Ernährungsbereich derzeit ein Trend. Allerdings muss man betonen, dass sich unsere Ergebnisse nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen lassen“, betont Ehninger.

„Aber man kann daraus Schlüsse ziehen für künftige Studien. Etwa, dass man bei der Untersuchung von Alterungsprozessen einen breiten Kriterienkatalog beachten muss. Altern ist nunmal ein komplexer Vorgang, der viele Organe und Funktionen unseres Körpers betrifft. In diesem Sinne liefert unsere Studie viele Anhaltspunkte für Langzeituntersuchungen zum Intervallfasten am Menschen“, so sein Fazit. (Nature Communications, 2017; doi: 10.1038/s41467-017-00178-3)

(Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), 02.08.2017 – DAL)

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