Klima

Nordpolarmeer wird saisonaler

Arktisches Meereis erlebt größte Veränderungen jetzt und im kommenden Jahrzehnt

Das Eis der Nordpolarmeeres verändert sich schneller als gedacht © Tom Haine

Rapider Wandel: Das arktische Meereis wandelt sich schneller als gedacht. Während das Nordpolarmeer früher größtenteils ganzjährig zugefroren war, wechselt dies nun zu einem stark saisonalen Verhalten. Die Unterschiede zwischen Sommer und Winter verstärken sich dadurch enorm. Dies repräsentiert einen grundlegenden Wandel der Arktis und eine Vorstufe zu einem eisfreien Nordpolarmeer, wie die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten.

Nirgendwo wird der Klimawandel so deutlich wie in der Arktis. Nahezu jedes Jahr gibt es dort neue Wärmerekorde, in diesem Frühjahr wurden an manchen Tagen bis zu 16 Grad höhere Temperaturen als im langjährigen Mittel registriert. Als Folge schrumpft das arktische Meereis im Sommer immer weiter: Im Herbst 2016 gab es so viel offenes Wasser um den Nordpol herum wie noch nie.

Dramatischer Wandel schon jetzt

Klimaforscher prognostizieren, dass der Nordpol in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts im Sommer komplett eisfrei sein könnte, ab 2040 könnten sommerliche Schiffspassagen quer durch das das Nordpolarmeer möglich werden.

Doch der dramatischste Wandel bahnt sich offenbar schon jetzt an und nicht erst in Dutzenden von Jahren, wie Thomas Haine von der Johns Hopkins University in Baltimore und Torge Martin vom GEOMAR-Forschungszentrum in Kiel herausgefunden haben. Sie hatten mithilfe von Satellitendaten der Meereisbedeckung und Modellen untersucht, wie sich die saisonalen Schwankungen des Meereises verändert haben und noch verändern werden.

Temperaturen im Herbst in der Arktis im Vergleich zum globalen Mittel © GEOMAR

Unterschiede zwischen Sommer und Winter immer stärker

Das Ergebnis: Das Verhalten des Meereises in der Arktis hat sich schon jetzt grundlegende gewandelt. „Beobachtungen zeigen einen raschen Wandel von einer ganzjährigen Meereisbedeckung zu einem im Sommer bereits in weiten Teilen eisfreien Arktischen Ozean innerhalb weniger Jahrzehnte“, berichtet Haine. „Das arktische Meereis ist nun genauso saisonal, wie wir es vom antarktischen seit Beginn von Beobachtungen kennen.“

Konkret bedeutet dies, dass das Nordpolarmeer von einem ganzjährig eisbedeckten Meer zu einem in weiten Teilen nur noch im Winter zugefrorenen Gewässer wird. Die Unterschiede zwischen Sommer und Winter verstärken sich in der Arktis damit auf ein in der Neuzeit für diese Region nie dagewesenes Maß.

Teufelskreis sorgt für Eisschwund

Ursache für diesen fundamentalen Wandel ist die Klimaerwärmung und ein von ihr angeschobener Teufelskreis: Der sommerliche Rückgang des Meereises ermöglicht eine immer stärkere Erwärmung des Meerwassers und verzögert so zunehmend die Eisbildung im Herbst. Dadurch bleibt das Wintereis dünner und schmilzt im darauffolgenden Sommer umso leichter wieder ab.

„Wir nehmen deshalb an, dass wir derzeit und in den kommenden zehn Jahren den extremsten Teil der Veränderungen insbesondere im maritim geprägten Teil der Arktis unter anthropogenem Klimawandel erleben werden – und nicht erst in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts“, sagt Martin weiter. Der Wandel zur neuen Arktis vollzieht sich jetzt, so das Fazit der Forscher. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/s41598-017-04573-0)

(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 06.07.2017 – NPO)

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