Den Rhythmus im Blut: Die in Australien heimischen Palmkakadus sind überraschend begabte Schlagzeuger. Mit Stöcken und anderen Werkzeugen produzieren sie kunstvolle Trommelsoli, um ihre Weibchen zu beeindrucken. Dabei haben sie erstaunlich viel mit menschlichen Schlagzeugern gemeinsam: Sie halten den Takt, entwickeln ihren individuellen Stil und verwenden viel Mühe darauf, die optimalen Klanginstrumente zu finden, wie Forscher im Fachmagazin „Science Advances“ berichten.
Uns Menschen ist der Sinn für Rhythmus und Musik angeboren, er reicht zudem weit in unsere Entwicklungsgeschichte zurück. Schon Charles Darwin vermutete deshalb, dass Musikalität eine Art Urinstinkt darstellt, den vielleicht auch schon unser tierischen Vorfahren besaßen. Tatsächlich reagieren viele Tiere auf Musik: Seelöwen wippen im Takt, Katzen und Schimpansen zeigen Vorlieben für bestimmte Arten von Musik oder Rhythmen. Zudem sind die Gesänge von Vögeln, Walen oder einigen Insekten durchaus musikalisch.
Trommel-Serenade für die Damen
Doch Tiere, die mit Hilfe eines Werkzeugs Musik machen und einen Rhythmus schlagen, sind rar. Das einzige bekannte Beispiel ist der in Nordaustralien heimische Palmkakadu (Probosciger
aterrimus). Die Männchen produzieren Trommelsoli, um ihre Weibchen zu beeindrucken. Wie erstaunlich geschickt und begabt diese Vögel dabei als Schlagzeuger sind, enthüllen nun Beobachtungen von Robert Heinsohn von der Australian National University in Canberra und seinen Kollegen.
Die Biologen hatten 18 wilde Palmkakadu-Männchen sieben Jahre lang gefilmt. Dadurch gelang es ihnen erstmals, die Vögel ausgiebig bei der Vorbereitung und Durchführung ihrer Schlagzeugsoli zu beobachten. Dabei zeigten sich gleich mehrere bemerkenswerte und erstaunlich menschenähnliche Eigenschaften der Kakadu-Trommler und ihrer Musik.
Maßgeschneiderte Trommelstöcke
Das erste erstaunliche Merkmal: Die Vögel suchen sich gezielt geeignete Trommelstöcke für ihre Schlagzeug-Soli. Meist nutzen sie einen Stock, den sie eigens vom Baum abbeißen und auf eine Länge von rund acht Zentimetern zurechtknabbern. Manchmal tut es jedoch auch der trockene, längliche Samenstand einer Pflanze.
„Dieses Verhalten ist außergewöhnlich, denn die Werkzeugnutzung bei Tieren ist selten und steht fast immer in Verbindung mit der Nahrungssuche“, sagen Heinsohn und seine Kollegen. „Die Palmkakadus jedoch verwenden ihre Werkzeuge ausschließlich zum Musikmachen.“ Die Vögel schlagen dabei mit den Trommelstöcken rhythmisch auf eine gut klingende Stelle eines Baumstamms und produzieren so ein weittönendes Getrommel.
Regelmäßiger Takt mit individuellen Stil
Die zweite Überraschung: Die Analyse aufgezeichneter Trommelsoli enthüllte erstaunliche rhythmische Fähigkeiten der Palmkakadus. „Die Schlagsequenzen sind nicht zufällig, sondern erzeugen einen regelmäßigen Takt, ähnlich wie er in der menschlichen Musik zu finden ist“, berichten die Forscher. Häufig wechselten die Vögel nach einer kurzen Pause das Tempo und produzierten so wiederholte, individuell verschiedene Trommel-„Strophen“.
„Die einzelnen Palmkakadus haben demnach ihre eigenen, in sich konsistenten Trommelmuster – ganz ähnlich wie menschliche Musiker Noten und Rhythmus eines Stücks individuell interpretieren“, so die Wissenschaftler. „Möglicherweise vermitteln diese individuellen Trommelkompositionen den Artgenossen Informationen über den Trommler.“
Dem Menschen ähnlicher als jedes andere Tier
Nach Ansicht der Forscher sind die musikalischen Fähigkeiten der Palmkakdus damit einzigartig im Tierreich: „Sie zeigen Fähigkeiten, die zwar einzeln schon bei anderen Tieren beobachtet worden sind, die aber in Kombination bisher nur vom Menschen bekannt sind“, konstatieren Heinsohn und seine Kollegen. „Die Palmkakadus sind die einzige Art, die spezifische Werkzeuge herstellt, um den Sound zu verstärken und damit einen regelmäßigen Rhythmus zu schlagen.“
Die Palmkakadus sind damit die bisher engste Entsprechung zum perkussiven Musikmachen menschlicher Kulturen, so die Forscher. „Und sie stützt Darwins Annahme, dass ein regelmäßiger Takt über die Artgrenzen hinweg eine zutiefst ursprüngliche ästhetische Vorliebe ist.“
Einen entscheidenden Unterschied zum Menschen gibt es allerdings: Bei unseren Vorfahren war das Trommeln meist mit Tanzen, Feiern und anderen Gruppenaktionen verbunden. Beim Palmkakadus ist es ein striktes Solo. (Science Advances, 2017; doi: 10.1126/sciadv.1602399)
(AAAS, 03.07.2017 – NPO)