Klima

Klimawandel: Droht Wassermangel in der Arktis?

In der Hauptstadt von Nunavut könnte ab 2024 das Trinkwasser knapp werden

Iqaluit, die Hauptstadt des kanadischen Territoriums Nunavut, könnte bald unter Wassermangel leiden. © Sebastian/ CC-by-sa 3.0

Es klingt paradox: Ausgerechnet die Bewohner der Arktis könnten schon bald unter Trinkwassermangel leiden – wenn der Klimawandel unvermindert anhält. So könnte der Hauptstadt des kanadischen Territoriums Nunavut bereits ab 2024 das Wasser ausgehen, wie Forscher ermittelt haben. Denn durch das schwindende Eis und die weniger werdenden Schneefälle im Winter führen Seen und Flüsse immer weniger Wasser.

Wenn es um Wassermangel durch den Klimawandel geht, standen bisher vor allem die ohnehin schon trockenen Regionen im Fokus. Vermehrte Dürren, Hitzewellen und sich verschiebende Klimazonen betreffen beispielsweise den Mittelmeerraum und könnte Teile des Nahen Ostens sogar nahezu unbewohnbar machen. Doch Wassermangel droht auch dort, wo man ihn nicht unbedingt vermutet: Erst vor kurzem warnten Forscher, dass fast drei Viertel aller Inseln künftig unter Trinkwassermangel leiden könnten.

Iqaluit als Fallbeispiel

Ein weiteres Beispiel liefern nun Michael Bakaic von der York University in Toronto und seine Kollegen. Sie haben untersucht, wie die künftige Wasserversorgung von Iqaluit, der Hauptstadt des kanadischen Territoriums Nunavut, in Zeiten des Klimawandels aussieht. Die Stadt mit knapp 7.000 Einwohnern liegt auf der südlichen Baffin-Insel am Nordpolarmeer.

Obwohl die Stadt in der Arktis liegt und damit theoretisch im Permafrostgebiet, ist der Trinkwassernachschub begrenzt, wie die Forscher berichten. In weiten Teilen der Hohen Arktis fallen im Jahr nur rund 200 Millimeter Regen, die Region gilt daher oft auch als polare Wüste. Die Baffin-Insel mit Iqaluit ist demgegenüber sogar noch halbwegs regenreich, sie bekommt rund 600 Millimeter pro Jahr – bisher.

Immer weniger Wassernachschub

Doch dies ändert sich zunehmend: In der Arktis sind die Temperaturen bereits doppelt so stark angestiegen wie im globalen Durchschnitt, gleichzeitig fällt im Winter immer weniger Schnee. Schwinden jedoch Schnee und Eis, dann verliert die „Polarwüste“ ihre wichtigsten Wasserreserven. Vor allem sie sind es, die im Frühjahr die Seen und Flüsse der Region mit frischem Wasser auffüllen.

Iqaluit im Frühling. Fällt im Winter nicht genügend Schnee, führen Flüsse und Seen im Frühling und Sommer zu wenig Wasser. © Saffron Blaze/ CC-by-sa 3.0

„Die arktischen Seen sind besonders anfällig für den Klimawandel“, erklärt Koautor Andrew Medeiros von der York University. Ausgerechnet sie sind aber für die meisten arktischen Gemeinden die Hauptwasserquelle – auch für Iqaluit. „Die Verfügbarkeit, Qualität und Sicherheit von Trinkwasser in der kanadischen Arktis ist daher ein immer drängenderes Problem“, sagt Medeiros. „Das extreme Klima und die oft mangelnden finanziellen Ressourcen machen die Wasserversorgung ohnehin schon schwierig. Kommt nun der Klimawandel dazu, dann könnte Städten des Hohen Nordens wie Iqaluit bald das Trinkwasser ausgehen.“

Ab 2024 droht Wassermangel

Im Rahmen ihrer Studie rechneten die Forscher aus, dass Iqaluit bereits ab 2024 unter regelmäßiger Wasserknappheit leiden wird. Und dies selbst dann, wenn die Bevölkerung der Stadt und damit der Wasserbedarf nicht weiter wächst – was sie den Prognosen nach aber tun wird. „Die Trinkwasser-Ressourcen von Iqaluit werden ab 2024 ständig weiter abnehmen“, so Medeiros. Sogar eine Wasserrationierung sei dann nicht ausgeschlossen.

Selbst eine geplante Ableitung von Wasser aus dem nahen Apex-Fluss kann nach Einschätzung der Wissenschaftler die Misere nur um maximal zwei Jahre aufschieben. Denn der Fluss wird ebenfalls hauptsächlich aus saisonalen Regenfällen gespeist und wird daher in Zukunft weniger Wasser führen.

Das Beispiel Iqaluit demonstriert, dass Wassermangel in Zukunft auch die Regionen hart treffen wird, die bisher eher als wasserreich galten, deren Wasserressourcen aber stark von Eis und Schnee abhängig sind. Ähnliches hatten Forscher bereits für die Gebiete Asiens vorhergesagt, die ihre Wasser aus im Himalaya entspringenden Flüssen beziehen. (Environmental Science and Pollution Research, 2017; doi: 10.1007/s11356-017-9343-4)

(York University, 13.06.2017 – NPO)

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