Erhellende Erkenntnis: Lange Zeit sorgten mysteriöse Lichtpunkte auf NASA-Bildern der Erde für Rätselraten. Nun ist die Ursache bekannt: Horizontal ausgerichtete Eiskristalle in der Atmosphäre reflektieren das Sonnenlicht zur Kamera des NASA-Satelliten. Zu diesem Ergebnis kommen zumindest Astronomen, die das geheimnisvolle Phänomen nun genauer untersucht haben. Gewitterblitze oder andere Erklärungen schließen sie demnach als Ursache aus.
Die NASA deckt immer wieder neue faszinierende Phänomene im Weltall auf, zum Beispiel die „große Leere“ vor dem innersten Saturnring oder den wasserreichen Exoplaneten HAT-P-26b. Doch nicht immer muss der Blick von der Erde wegführen, um unerwartete Beobachtungen zu machen. Seltsame Lichtreflexe über dem Festland, die auf Erdaufnahmen der Earth Polychromatic Imaging Camera (EPIC) des NASA-Satelliten DSCOVR zu sehen sind, sorgen seit Start der Mission im Jahr 2015 für Stirnrunzeln.
Schon bei Galileo-Mission
Angeregt durch viele Nachfragen von aufmerksamen Betrachtern der EPIC-Bilder, hat Alexander Marshak vom Goddard Space Flight Center in Greenbelt im US-Bundesstaat Maryland das Phänomen nun genauer unter die Lupe genommen. Seine Recherchen zeigen, dass derartige Reflexe nicht zum ersten Mal auftreten.
Schon in Erdaufnahmen der Galileo-Raumsonde von 1989 tauchten ungewöhnliche Lichtreflexe auf. Diese beschrieb der Astronom Carl Sagan im Jahr 1993 in einem Bericht: „Die genaue Untersuchung der Aufnahmen zeigt eine Region mit spiegelartigen Reflexionen im Ozean, aber nicht an Land.“ Tatsächlich fand Marshak bei erneuter Untersuchung der Galileo-Satellitenbilder jedoch auch über dem Festland helle Lichtschimmer, die Sagan damals übersehen hatte.
Vom Boden in die Luft
Weil die Lichter in den Galileo- und EPIC-Bildern auch über dem Festland auftauchen, schied die simple Erklärung einer Spiegelung im Ozean aus. „Ich dachte zunächst, dass vielleicht andere Wasserquellen wie ein See das Sonnenlicht reflektieren würden. Aber die Lichtschimmer sind ziemlich groß, also konnte das nicht sein“, erklärt Marshak.
Statt sich auf den Boden zu beschränken, verlagerten die Astronomen ihre Suche in die Luft und wurden schnell fündig. Ihre Theorie: Winzige Eispartikel in der Atmosphäre richten sich teilweise horizontal aus und reflektieren das Sonnenlicht in Richtung der EPIC-Sensoren.
Durch Winkel überführt
Um die Eiskristall-These zu belegen, überprüften die Wissenschaftler, an welchen Orten die 866 dokumentierten Lichtreflexe zwischen Start der Mission und August 2016 aufgetreten waren. Wenn tatsächlich die Reflexion an Eiskristallen die Lichterscheinungen auf den Bildern erzeugte, würde das Phänomen nur an ganz bestimmten Positionen auftreten: Nämlich dort, wo der Winkel zwischen Sonne und Erde genauso groß ist wie der Winkel zwischen Erde und Satellit.
Tatsächlich erfüllten die Orte der aufgezeichneten Lichtreflexe diese Anforderung. Damit waren die Eiskristalle als Verursacher identifiziert. Eine mögliche alternative Erklärung, nach der Gewitterblitze für die hellen Flecken auf den Bildern sorgen, schied somit endgültig aus: „Blitze kümmern sich nicht um die Sonne oder die Position der Satellitenkamera“, erläutert Marshak.
Eiswolken als Reflektor
Die reflektierenden Eiskristalle stammen sehr wahrscheinlich aus einer Höhe von fünf bis acht Kilometern über dem Erdboden, wie die Forscher berichten. Denn bei den Lichtflecken auf den EPIC-Bildern hatten die Sensoren auch Cirrus-Wolken in eben dieser Höhe registriert. Die Quelle der Lichtschimmer befindet sich demnach definitiv nicht auf dem Erdboden, wie das Team abschließend betont. „Es ist auf jeden Fall Eis, und zwar höchst wahrscheinlich die Reflexion von horizontal ausgerichteten Teilchen“, sagt Marshak.
(NASA/Goddard Space Flight Center, 16.05.2017 – CLU)