Paläontologie

Der älteste Verwandte des Brachiosaurus

Lang vergessenes Dino-Fossil aus Frankreich überrascht Forscher

So könnte der frühe Brachiosaurus-Verwandte Vouivria damparisensis ausgesehen haben. © Imperial College London/ Chase Stone

Überraschung aus dem Bestand: Ein seit Jahrzehnten im Museum gelagertes Dino-Fossil hat sich nun als bedeutender Fund entpuppt. Eine neue Analyse zeigt: Die Knochen sind rund 160 Millionen Jahre alt und gehörtem einem Dinosaurier aus der Familie der Titanosauriformes. Es ist damit das älteste bekannte Fossil aus der Gruppe dieser Dinos – und wirft ein neues Licht auf deren Evolution.

Langer Hals und Schwanz, kleiner Kopf und vier mächtige, säulenartige Beine, die den schweren Rumpf tragen: Ihre oft gigantischen Ausmaße von bis zu 30 Metern und Dutzenden Tonnen Gewicht erreichten die Sauropoden aus der Gruppe der Titanosauriformes durch rein pflanzliche Kost. Die Riesen-Dinos waren einst die größten Landtiere unseres Planeten. Sie bevölkerten die Erde vom Oberjura bis zum Ende der Kreidezeit und eroberten im Laufe der Zeit wahrscheinlich alle Kontinente.

Doch über die evolutionären Anfänge dieser artenreichen Familie von Dinosauriern, zu der zum Beispiel der Brachiosaurus gehörte, ist bisher nur wenig bekannt. Wann entwickelten sich die ersten Vertreter der Titanosauriformes – und wie verbreiteten sie sich über die Erdteile? Die nur lückenhafte fossile Überlieferung macht Forschern die Beantwortung solcher Fragen schwer.

Ältestes Fossil der Titanosauriformes

Nun hat ausgerechnet ein Fossil einen neuen Blick auf die Geschichte der Langhälse ermöglicht, das bereits seit Jahrzehnten in den Regalen eines französischen Naturkundemuseums verstaubt. Paläontologen hatten die Überreste des Dinosauriers 1934 in der Gemeinde Damparis entdeckt. Um welche Art es sich bei ihrem Fund genau handelte, blieb jedoch unklar.

Das Fossil wurde im Museum National d’Histoire Naturelle in Paris verstaut und geriet fast in Vergessenheit – bis Philip Mannion und seine Kollegen vom Imperial College London die Knochen kürzlich wiederentdeckten und eingehend analysierten. Das überraschende Ergebnis: Der Damparis-Dino ist rund 160 Millionen Jahre alt und gehört zu den Brachiosauridae, die der Gruppe der Titanosauriformes zugeordnet werden. Damit ist er das älteste bekannte Fossil aus dieser Saurierfamilie, wie die Wissenschaftler berichten.

Ein Inselbewohner

Die Analyse der Forscher zeichnet das Bild von einem wahrhaftigen Koloss. Demnach wog der Dino zu Lebzeiten rund 15.000 Kilogramm und war mehr als 15 Meter lang. Seinen typischen langgestreckten Hals hielt er in einem 45 Grad Winkel – und wie seine bisher bekannten Verwandten ernährte er sich ausschließlich vegetarisch.

Auch über die Umgebung, in der Vouivria lebte, können die Forscher heute mehr sagen als ihre Kollegen in den 1930er Jahren. Die Untersuchung des Gesteins, in dem das Fossil eingeschlossen war, zeigt: Der Dino lebte in einer Lagunenregion – seine Heimat Europa bestand damals aus einer Reihe von Inseln.

Früher Tod

Vouivria damparisensis, wie Mannions Team den Saurier taufte, verstarb offenbar in jungen Jahren: „Wir wissen nicht, woran diese Kreatur starb. Doch Millionen Jahre nach ihrem Tod liefert sie uns ein wichtiges Puzzlestück, um die Evolution der Brachiosauridae und der großen Dino-Gruppe der Titanosauriformes, zu denen sie gehörten, besser zu verstehen“, sagt Mannion.

Mithilfe des neuen Materials entsteht auch ein neues Bild von der Verbreitung dieser Saurier. Demnach scheinen die Tiere während der frühen Kreidezeit vor allem im heutigen Afrika und den USA heimisch gewesen zu sein – und waren in Europa wahrscheinlich bereits wieder ausgestorben.

Forscher hatten zuvor angenommen, dass die Brachiosauridae damals auch in Südamerika verbreitet waren. Ein frühkreidezeitlicher Fund, der das belegen sollte, war das Fossil des sogenannten Padillasaurus. Mit Vouivria als neuem Element im fossilen Zeitstrahl sind sich Mannion und seine Kollegen nun jedoch sicher: Der Padillasaurus gehört doch nicht zu den Brachiosauridae. Mannion und seine Kollegen hoffen nun, künftig auf weitere Fossilien aus der Gruppe der Titanosauriformes zu stoßen, um diese faszinierenden Saurier noch besser verstehen zu können. (Peer J, 2017; doi: 10.7717/peerj.3217)

(Imperial College London, 03.05.2017 – DAL)

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