Neuer Rekord: Forscher haben eine neuartige Ultra-Highspeed-Kamera konstruiert, die extrem schnelle Ereignisse in nur einem Durchgang filmen kann. Sie zeichnet fünf Billionen Bilder pro Sekunde auf und filmt sogar die Bewegung des Lichts. Der Clou: Der Film entsteht durch per Kenncode markierte Laserblitze – dies macht die bisher übliche Kombination vieler nacheinander aufgezeichneter Stillbilder überflüssig.
Ob eine Explosion, eine chemische Reaktion oder sogar die Bewegung des Lichts selbst: Um diese ultraschnellen Prozesse einzufangen, sind weder unserer Augen noch die meisten Kameras schnell genug. Doch in den letzten Jahren haben Forscher neuartige Kameratypen konstruiert, die das bisher Unmögliche möglich machten. Ein Team filmte den „Überschall“-Kegel eines Lichtpulses mit rund 100 Milliarden Bildern pro Sekunde, ein anderes konstruierte sogar eine Kamera, die vier Billionen Bilder pro Sekunde schafft.
Auf einmal statt nacheinander
Die meisten dieser ultraschnellen Filmkameras zeichnen jedoch ein Bild nach dem anderen auf. Um einen Film zu erzeugen, muss daher ein ultrakurzes Ereignis mehrfach ablaufen. Die Kameras zeichnen bei jedem Durchgang jeweils ein leicht versetztes Stadium des Geschehens auf und hinterher werden diese Aufnahmen zu einem Film kombiniert.
Das Problem dabei: Einmalige Ereignisse lassen sich damit nicht filmen. „Es ist zudem höchst unwahrscheinlich, dass ein Prozess absolut identisch ablaufen wird, wenn man ein Experiment wiederholt“, sagt Andreas Ehn von der Lund Universität in Schweden. Er und seine Kollegen haben daher nun eine Kamera entwickelt, die alle Ereignisschritte in nur einer Aufnahme aufzeichnet.
Laserblitze mit Kenncode
Dies gelang den Forschern mit Hilfe einer sogenannten FRAME-Kamera, kurz für Frequency Recognition Algorithm for Multiple Exposures. Sie kann fünf Billionen Bilder pro Sekunde filmen – ein neuer Rekord. Vor allem aber kann sie einmalige Ereignisse von nur 0,2 Billionstel Sekunden Dauer einfangen – ohne dass dafür das Ereignis wiederholt werden muss.
Das Prinzip dahinter: Die FRAME-Kamera sendet ultrakurze Laserblitze aus, von denen jeder eine individuelle Struktur bekommt – quasi eine Art Kenncode. Das gefilmte Objekt reflektiert diese Blitze und erzeugt so eine ultraschnelle Abfolge von Signalen mit jeweils unterschiedlicher Lichtkennung. Die FRAME-Kamera zeichnet diese Signale in einer Aufnahme auf. Ein spezieller Algorithmus sortiert dann die zeitliche Abfolge anhand der Lichtkennungen und erstellt so die Filmsequenz.
Lichtpuls gefilmt
In ersten Tests gelang es den Forschern bereits, mit ihrer Kamera die Bewegung eines Lichtstrahls selbst zu filmen. Sie zeichneten auf, wie eine Reihe von Photonen eine Strecke passiert, die etwa der Dicke eines Blatts Papier entspricht. Das Licht benötigte dafür nur rund eine Pikosekunde. Die FRAMER-Kamera zeichnete die Bewegung der Photonen mit einer Frame-Rate von 200 Femtosekunden auf.
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„Unseres Wissens nach ist dies das erste Mal, dass ein einmaliges Ereignis mit einer so hohen zeitlichen Auflösung gefilmt worden ist“, sagen Ehn und seine Kollegen. „Weil die zeitliche Auflösung unserer Kamera nur von der Dauer der Laserpulse vorgegeben wird, könnte die Attosekunden -Lasertechnologie die Videoraten künftig sogar noch um mehrere Größenordnungen erhöhen.“
Marktreif in zwei Jahren
Die FRAME-Kamera könnte künftig überall dort eingesetzt werden, wo schwer reproduzierbare ultraschnelle Prozesse erforscht werden sollen. „Beispiele sind Explosionen, Plasmablitze, die turbulente Verbrennung beispielsweise in einem Motor, die Gehirnaktivität von Tieren oder chemische Reaktionen“, erläutert Ehns Kollege Elias Kristensson. „Solche extrem kurzen Prozesse können wir nun filmen.“
Wie die Forscher berichten, hat eine deutsche Firma bereits einen Prototyp der neuartigen Kamera produziert. In rund zwei Jahren soll die FRAME-Kamera dann auf dem Markt erhältlich sein. (Light: Science & Applications, 2017; doi: 10.1038/lsa.2017.45)
(Lund University, 02.05.2017 – NPO)