Biologie

Delfinsex im Röntgenblick

Forscher untersuchen Kopulationsmechanismen der Meeressäuger

Erste Annäherungsversuche? Über die Mechanismen des Geschlechtsakts von Delfinen war bisher kaum etwas bekannt. © Marshalgonz/ iStock.com

Intimer Einblick: Forscher haben mithilfe einer neu entwickelten Technik erstmals die inneren Vorgänge beim Delfinsex nachgestellt. Ihre Untersuchungen zeigen, wie die Geschlechtsorgane der Meeressäuger beim entscheidenden Akt miteinander interagieren – und durch welche ungewöhnlich geformten anatomischen Strukturen sich der Penis der Männchen für eine erfolgreiche Besamung winden muss. Künftig könnte die Methode womöglich auch die Erfolgsaussichten von künstlichen Befruchtungen verbessern.

Ob winzige Bärtierchen, die durch ein ausgiebiges Vorspiel überraschen, Schneeaffen mit unkonventionellen erotischen Vorlieben oder Insekten, bei denen das Weibchen einen Penis hat und das Männchen eine Vagina: Die vielfältigen Sexpraktiken und zum Teil merkwürdigen Geschlechtsorgane im Tierreich erstaunen Forscher immer wieder.

Besonders faszinierend ist für Wissenschaftler auch der Sex unter Meeressäugern. Denn Delfine und andere Wale müssen das Kunststück vollbringen, sich freischwimmend im Ozean zu paaren. Dabei darf außerdem kein Meerwasser in die Gebärmutter der Weibchen gelangen. Wie aber interagieren die Geschlechtsorgane der Tiere, damit die Kopulation unter diesen extremen Bedingungen von Erfolg gekrönt ist?

Komplexe Mechanismen

„Es scheint naheliegend, dass der Penis dafür perfekt in die Vagina passen muss. Die biomechanischen und anatomischen Details dahinter können aber sehr komplex sein – und sind bei Meeressäugern und anderen Tieren bisher kaum erforscht worden“, sagt Dara Orbach von der Dalhousie University in Halifax.

Nun haben die Forscherin und ihre Kollegen jedoch ungewöhnlich intime Einblicke in die inneren Mechanismen des Delfinsex erlangt. Für ihre Studie sammelten die Wissenschaftler zunächst Geschlechtstrakte von Delfinen und Robben, die eines natürlichen Todes gestorben waren. Mit deren Hilfe entwickelten sie eine Methode, mit der sich der Penis zu einer vollen Erektion aufblähen lässt und in Vaginalgewebe eine Kopulation simuliert werden kann.

Diese Aufnahme zeigt, wie perfekt der Penis (rot) eines Großen Tümmlers durch die komplizierten Falten und Windungen der Vagina hindurch passt. © Dara Orbach/ Dalhousie University

Simulierter Akt

Mit Präparaten von Großen Tümmlern (Tursiops truncatus) untersuchte das Team schließlich im Detail, wie tief der Penis der Meeressäuger die Vagina beim Geschlechtsakt penetriert und mit welchen anatomischen Strukturen er währenddessen in Kontakt kommt. Für den nötigen Durchblick sorgten dabei Computertomografie-Aufnahmen.

Die einzigartigen Bilder offenbaren, wie sich der flexible Penis der Männchen durch die ungewöhnlich geformte Scheide der Weibchen bewegt. Dabei navigiere er um muskuläre Falten und Windungen herum, um eine erfolgreiche Besamung zu erreichen, berichten Orbach und ihre Kollegen.

Optimierte Stimulation

Das Zusammenspiel beider Geschlechtsorgane zu beobachten, liefert den Forschern zufolge wichtige Einblicke in die Triebkräfte der Evolution. Denn es offenbart die morphologischen Anpassungen, die die Genitalien der Delfine im Laufe der Zeit fit für den Akt im Wasser gemacht haben.

Darüber hinaus könnte der Ansatz von Orbachs Team ganz praktischen Nutzen bringen: „Die von uns entwickelten Techniken lassen sich auch bei anderen Arten anwenden und könnten zum Beispiel für den Erfolg von Zuchtprogrammen hilfreich sein“, sagt Orbach. „So zeigt unsere Methode unter anderem, welche anatomischen Strukturen beim Geschlechtsakt miteinander in Kontakt kommen. Werden diese im Zuge einer künstlichen Befruchtung gezielt stimuliert, steigt womöglich die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis.“

In der freien Wildbahn ließe sich mit diesem Wissen zudem vorhersagen, welche Kopulationsversuche erfolgreich sein werden – und welche nicht. „Denn Männchen müssen sich den Weibchen für eine optimale Penetration oft in einem ganz bestimmten Winkel annähern“, schließt Orbach.

(Dalhousie University, 24.04.2017 – DAL)

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