Medizin

Gehirnjogging macht nicht schlauer

Trainingsspiele für das Gedächtnis verbessern die allgemeinen Gehirnleistungen nicht

Gehirnjogging hält nicht unbedingt, was es verspricht. © Sebastian Kaulitzki / iStock.com

Zweifel berechtigt: Gängige Hirnjogging-Apps und Spiele bringen nicht viel. Entgegen den Werbeversprechen der Anbieter ist eine positive Auswirkung auf die kognitiven Fähigkeiten nicht nachweisbar, wie nun eine Studie bestätigt. Zwar trainieren diese Spiele spezifische Einzelaufgaben, doch dies wird nicht auf die allgemeinen kognitiven Fähigkeiten wie Logik oder Erinnerungsvermögen übertragen.

Gehirnjogging ist im Trend. Für wenige Euro bieten zahlreiche Entwickler entsprechende Apps an, in den USA zahlen Trainingswillige sogar bis zu 300 Dollar für einen lebenslangen Account. Doch der Nutzen von solchen Gedächtnistrainern ist höchst umstritten. Während einige Studien die positiven Erfolge hervorheben, zum Beispiel in Bezug auf die Demenz-Vorbeugung, gibt es auch viele kritische Stimmen. Das Lager der Kritiker wird nun durch eine aktuelle Studie unterstützt.

Knobeln für das Arbeitsgedächtnis

Mit einer neuen Studie untermauern Neil Charness und seine Kollegen von der Florida State University die These, dass Gehirnjogging keinen nachweisbaren Effekt auf die allgemeine Gedächtnisleistung hat. Der Grundgedanke von Gehirnjogging ist, dass es das Arbeitsgedächtnis verbessert. Diese Verbesserung soll den Werbeversprechen zufolge einen allgemeinen positiven Effekt auf Erinnerungsvermögen und Gedächtnisleistungen in zahlreichen Bereichen haben.

Um das zu überprüfen, ließen die Forscher eine Testgruppe ein eigens entwickeltes Gehirnjogging-Spiel spielen, während eine andere Gruppe zum Vergleich klassische Kreuzwort- oder Zahlenrätsel löste. Damit war bei allen Probanden das Arbeitsgedächtnis gefordert, um die Fülle an Informationen zu ordnen und die Aufgaben zu bewältigen.

Die Wissenschaftler untersuchten dann, ob sich das trainierte Arbeitsgedächtnis auch positiv auf andere geistige Fähigkeiten wie Logik, Erinnerungsvermögen oder Verarbeitungsgeschwindigkeit auswirkt – ob also ein Transfer der Leistung erfolgt war.

Kein Transfer

Das Ergebnis: Die Gehirnjogging-Aktivitäten hatten keine messbare Auswirkung auf die allgemeinen Gedächtnisleistungen. „Man kann Menschen trainieren, in typischen „Arbeitsgedächtnis-Aufgaben“ sehr gut zu werden: Auswendiglernen von 70, 80 oder gar 100 Ziffern“, sagt Charness. „Aber diese Fähigkeiten sind oft sehr spezifisch und zeigen nicht viel Transfer in andere Bereiche.“

Die durch Werbung versprochene Verbesserung der allgemeinen Gedächtnisleistung lässt sich durch Charness Studie demnach nicht bestätigen: „Das, was Senioren besonders beunruhigen sollte, ist doch Folgendes: Kann man, wenn man besser im Kreuzworträtseln wird, sich auch besser daran erinnern, wo die Schlüssel liegen? Und die Antwort ist wahrscheinlich Nein“, führt der Forscher aus.

Aerobic statt Jogging

Gehirn-Jogging kann den geistigen Verfall offenbar eher nicht aufhalten. Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in anderen Studien wieder, wie Charness betont: „Es ist ernüchternd, dass wir keinen Transfer-Effekt nachweisen können, aber das scheint ziemlich gut mit der allgemeinen Forschung auf diesem Gebiet übereinzustimmen.“

Sich deswegen entmutigen zu lassen, brauche man aber nicht, beruhigt der Forscher und verweist auf andere Studien, die den positiven Effekt von Aerobic auf das Gehirn und dessen Leistung nahelegen: „Wenn Sie wirklich Ihre geistigen Fähigkeiten verbessern wollen, sind Sie möglicherweise besser beraten, Aerobic-Stunden zu nehmen als sich vor den Computer zu hocken und diese Spiele zu spielen“. (Frontiers in Aging Neuroscience, 2017; doi: 10.1371/journal.pone.0142169)

(Florida State University, 18.04.2017 – CLU)

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