Überraschung im Dino-Stammbaum: Paläontologen haben das Fossil des bisher ältesten bekannten Dinosaurier-Verwandten entdeckt – und sind verblüfft. Denn die 245 Millionen Jahre alte Urzeit-Echse sieht völlig anders als erwartet. Sie ähnelte mit ihrem breitbeinigen Gang auf allen Vieren eher den heutigen Krokodilen als den Vorfahren der Dinosaurier, Flugsaurier und Vögel. Das Fossil wirft damit ein ganz neues Licht auf die Frühgeschichte der Urzeit-Echsen.
Vor rund 250 Millionen Jahren bahnte sich eine entscheidende Teilung im Stammbaum der damals dominierenden Archosaurier an: die Vorfahren der heutigen Krokodile und Alligatoren spalteten sich von den Vorfahren der Dinosaurier, Vögel und Flugsaurier ab. Doch wie die ersten Vertreter dieser sogenannten Avemetatarsalia aussahen, war bisher unbekannt.
Das Problem: Aus der Anfangszeit dieser Stammeslinie gab es bisher so gut wie keine Fossilien. Fast alle bekannten Funde stammen aus der späten Trias und damit aus einer Zeit, in der die Dinosaurier und Flugsaurier, schon voll ausgebildet und hochspezialisiert waren. Paläontologen konnten daher nur vermuten, dass die ältesten gemeinsamen Vorfahren dieser Echsen wie kleine, zweibeinig laufende Dinosaurier aussahen.
Urtümliche Echse
Doch jetzt belehrt sie ein 245 Millionen Jahre altes Fossil eines Besseren. Sterling Nesbitt vom Virginia Polytechnic Institute und seine Kollegen haben die entscheidenden Skelettteile davon im Jahr 2015 in Tansania entdeckt. Bereits 1933 wurden in diesem Gebiet Knochen von Sauriern entdeckt, die aber nicht näher zugeordnet werden konnten. Erst der Fund weiterer, vollständiger Fossilien der gleichen Art erlaubten nun die eindeutige Zuordnung dieser Tiere.
Die Auswertungen der Fossilfunde ergaben: Die Knochen gehören einer zuvor unbekannten Saurierart, die vor rund 245 Millionen Jahren lebte. Das Teleocrater rhadinus getaufte Urzeit-Reptil ist ein Vertreter der Aphanosaurier, einer Reptiliengruppe, die ganz an der Basis der gemeinsamen Stammeslinie der Dinosaurier, Flugsaurier und Vögel steht. Er ist damit kein direkter Vorfahre der Dinosaurier, wohl aber ihr ältester bekannter Vetter.
Erstaunlich krokodilsähnlich
Das eigentlich Spannende an Teleocrater ist aber sein Aussehen: Er ähnelt überhaupt nicht dem klassischen Bild, das Paläontologen bisher von den ersten Vertretern der Avemetatarsalia hatten. Dieser Saurier war mit einer Länge von zwei bis drei Metern, dem langen Hals und Schwanz und einem Gewicht von bis zu 30 Kilogramm deutlich größer und schwerer als es der bisherigen Vorstellung dieser urtümlichen Saurier entsprach.
Zudem lief diese Echse nicht auf den Hinterbeinen, sondern watschelte auf allen Vieren durch ihren Lebensraum. Ähnlich wie die Krokodile stellte sie dabei ihre Beine seitlich aus. Während die Dinosaurier, Flugsaurier und ersten Vögel dies nicht konnten, weil ihre Knöchel nur noch Auf- und Ab-Bewegungen erlaubten, behielt Teleocrater die Fähigkeit, seine Knöchel auch seitlich zu bewegen.
„Ein echtes Missing Link“
„Teleocrater hat unerwartet krokodilsähnliche Merkmale“, berichtet Angielczyk. „Die frühen Verwandten der Dinosaurier waren demnach definitiv nicht sonderlich Dinosaurier-ähnlich.“ Der neuentdeckte Saurier belegt damit erstmals, dass die frühen Vettern der Dinos, der Pterosaurier und frühen Vögel noch deutlich mehr primitive Merkmale von den gemeinsamen Vorfahren aller Archosaurier behalten haben als bisher angenommen.
„Wissenschaftler mögen normalerweise den Begriff ‚Missing Link‘ nicht sonderlich, aber das ist ziemlich genau das, was Teleocrator ist: ein Bindeglied zwischen den Dinosauriern und dem gemeinsamen Vorfahren, den sie mit den Krokodilen teilen“, sagt Angielczyk. Erstautor Sterling Nesbitt vom Virginia Polytechnic Institute ergänzt: „Teleocrater verändert unsere Vorstellungen der frühesten Geschichte der Dinosaurier-Verwandten auf fundamentale Weise.“ (Nature, 2017; doi: 10.1038/nature22037)
(Fields Museum/ Nature, 13.04.2017 – NPO)