Die Zukunft der Trinkwasseraufbereitung? Forscher haben erstmals Membranen aus Graphenoxid hergestellt, die nur Wassermoleküle hindurchlassen. Dank einer speziellen Klebetechnik halten die einzelnen Schichten der Membran bei Wasserkontakt eng zusammen. Auf diese Weise bleibt die Durchlässigkeit des feinen Siebs gering genug – und es hält gelöste Salzionen verlässlich zurück. Künftig könnte man mit solchen Membranen Meerwasser ohne großen Energieaufwand in Trinkwasser verwandeln.
Graphen ist ein wahres Wundermaterial. Es hat eine außergewöhnliche Leitfähigkeit, ist stabiler als Stahl und trotzdem flexibel und biegsam wie Gummi. Das Geheimnis des Materials ist seine besondere Struktur: Graphen besteht aus einer einzelnen Kohlenstoff-Schicht, die nur ein Atom dick ist.
Durch Stapeln von Graphenoxid-Schichten stellen Forscher bereits seit einigen Jahren Membranen her, die bestimmte Salze aus dem Wasser filtern können. Sehr kleine Ionen, wie das im Kochsalz vorhandene Natrium-Ion, passieren die Membran aber weitgehend ungehindert. Denn wenn sie mit Wasser in Kontakt steht, quillt die Membran auf: Der Abstand zwischen den Schichten wird größer. Wissenschaftler um Jijo Abraham von der University of Manchester haben nun einen Weg gefunden, das Aufquellen zu verhindern und so auch die kleinsten Ionen aus dem Wasser zu filtern.
Festgeklebte Schichten
Um eine verbesserte Filterleistung zu erreichen, lagerten die Forscher die Membranen zunächst bei kontrollierter Luftfeuchtigkeit. Dabei beobachteten sie: Je geringer die Luftfeuchtigkeit eingestellt war, desto enger lagen die Graphenoxid-Schichten aufeinander. Bei null Prozent Luftfeuchtigkeit war der Freiraum zwischen den einzelnen Schichten nur knapp sieben Angström groß – das entspricht etwa sieben Atomdurchmessern.
Im wassergetränkten Zustand quoll die Membran dagegen auf, bis die Freiräume fast doppelt so groß waren. Das verhinderten die Wissenschaftler anschließend jedoch mithilfe eines entscheidenden Tricks: Sie fixierten das Graphenoxid mit Epoxidharz, einer besonderen Klebstoffart. Dadurch blieben die einzelnen Schichten auch beim Kontakt mit Wasser in dem zuvor eingestellten Abstand zueinander – und die Membran quoll nicht wie sonst üblich auf.
Kein Durchkommen für Natrium
Erste Experimente mit dem zusammengeklebten Graphenoxid belegten den Erfolg der Forscher: So verringerte beispielsweise schon das Verkleinern des Freiraums zwischen den Schichten von 9,8 auf 7,4 Angström die Durchlässigkeit für Natrium-Ionen um das Hundertfache. Gleichzeitig wurde die Durchlässigkeit für Wasser lediglich halbiert. Damit sei die die Filterleistung für Ionen bei kaum verschlechtertem Wasserfluss extrem verbessert worden, so das Team.
Auch nach fünf Tagen Gebrauch in Folge hielt die Filterleistung unverändert an, wie die Forscher in ihrem Bericht schreiben: „Membranen mit einem Zwischenraum von 6,4 Angström zeigten keine nachweisbare Ionenkonzentration im Filtrat.“ Dieser Erfolg sei dem verhinderten Aufquellen der Membran zu verdanken. Lediglich ein minimales Anschwellen um ein Prozent stellten die Forscher während ihrer Experimente fest.
Ionen sind nicht nackt
Dass die Ionenfiltration überhaupt funktioniert, ist auf den ersten Blick erstaunlich. Denn ein einzelnes Natrium-Ion ist mit einem Durchmesser von zwei Angström sogar kleiner als ein Wassermolekül, welches etwa drei Angström groß ist. Wie kann es also sein, dass trotzdem fast nur Wassermoleküle die Membran passieren?
Dies liegt an dem zusätzlichen Ballast, den gelöste Ionen mit sich herumtragen. Die Ionen sind im Wasser nicht „nackt“, sondern von einer Hülle aus Wassermolekülen umgeben. Mit dieser Hülle ist ein Natrium-Ion dann 7,2 Angström groß. Damit passt es nicht mehr durch die engen Kanäle der maximal zusammengedrückten Graphenoxid-Membran.
Zwar kann es die Wassermoleküle abstreifen, um sich doch zwischen den Graphenschichten hindurchzuzwängen. Aber dieses Abstreifen ist mit hohem Energieaufwand verbunden und wird daher eher vermieden. So bleiben einzelne, freie Wassermoleküle die einzigen Teilchen, welche die Membran passieren.
Aussicht auf sauberes Wasser
Mit ihren verbesserten Membranen sind die Forscher ihrem Ziel ein Stück näher gekommen, Wasser ohne großen Energieaufwand zu filtern und trinkbar zu machen. Zuvor müsse aber unter anderem die Haltbarkeit der Graphensiebe verbessert werden – besonders dann, wenn sehr salzhaltiges und damit aggressives Meerwasser aufgereinigt werden soll. Das Einbinden von funktionellen Nanopartikeln sei hier ein vielversprechender Ansatz, schließen die Forscher. (Nature Nanotechnology, 2017; doi: 10.1038/nnano.2017.21)
(University of Manchester, 04.04.2017 – CLU)