Weitgereister Dünger: Die Böden in der Sierra Nevada in Kalifornien sind vergleichsweise karg – dennoch gedeihen hier erstaunlich viele Pflanzen, darunter sogar riesenhafte Mammutbäume. Wie das sein kann, haben Forscher nun herausgefunden. Demnach bringen Winde unter anderem nährstoffreichen Staub aus der Wüste Gobi in die Region. Dank dieser Nährstoff-Dusche sind die Pflanzen trotz des armen Untergrunds gut versorgt.
Funktionstüchtige Wurzeln sind für Pflanzen überlebenswichtig. Mit ihnen nehmen sie nicht nur Wasser aus dem Boden auf, sondern auch wertvolle Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff. Diese Stoffe erfüllen essenzielle Aufgaben für den Stoffwechsel der Pflanzen. Ohne eine ausreichende Versorgung damit können Bäume, Büsche und Blumen nicht optimal gedeihen. Sie werden krank und sterben.
In einigen Regionen sind die Nährstoffe im Untergrund jedoch rar – so auch in der Sierra Nevada im Westen der USA. Trotzdem beheimatet das Ökosystem dieses Hochgebirges eine erstaunlich reiche Flora. Sogar die riesenhaften Sequoias aus der Unterfamilie der Mammutbäume wachsen auf den kargen Böden problemlos. „Es ist rätselhaft, wie all diese großen Bäume überleben können, obwohl der Untergrund nur wenig Phosphor enthält“, sagt Emma Aronson von der University of California in Riverside.
Staub als Nährstofflieferant
Woher erhalten die Pflanzen die für sie so wichtigen Nährstoffe, wenn nicht aus dem Boden? Dieses Geheimnis wollte das Team um die Pflanzenwissenschaftlerin endlich lüften – und hat einen Verdacht überprüft. Die Forscher vermuteten, dass Staub der entscheidende Nährstofflieferant sein könnte. Getragen von Sturm und Wind gelangen jedes Jahr Milliarden Tonnen dieser Partikel von einem Ort der Erde zum anderen und sorgen dabei für eine regelrechte Nährstoff-Dusche.
Bekannt ist zum Beispiel, dass der südamerikanische Regenwald ohne den regelmäßigen Mineraliennachschub aus der afrikanischen Wüste in seiner heutigen Form gar nicht existieren würde. Welche Rolle Staub aus bestimmten Regionen für das Ökosystem Sierra Nevada spielt, wussten Wissenschaftler bislang allerdings nicht.
Dünger aus Zentralasien
Um das herauszufinden, begaben sich Aronson und ihre Kollegen in vier Gebieten in unterschiedlichen Höhenlagen des Hochgebirges auf Staubfang. Zu diesem Zweck stellten sie an einer Stange befestigte Sammelgefäße auf. Den Staub, der aus der Luft dort hineingelangte, untersuchten sie schließlich auf charakteristische Isotopensignaturen. Dieser chemische Fingerabdruck verriet ihnen, woher die Partikel stammten.
Das Ergebnis: Die Pflanzen in der Sierra Nevada werden unter anderem mit nährstoffreichem Staub aus der Gobi-Wüste in Zentralasien versorgt. In den niedrigsten Höhenlagen machten die Partikel aus Asien im Schnitt immerhin 20 Prozent des gefangenen Staubs aus. In den größten Höhen von knapp 2.700 Metern waren es sogar 45 Prozent. Die Pflanzen bekommen hier besonders viel von dem weitgereisten Staub ab, weil dieser sich in hohen Luftströmen bewegt und nur herunterfällt, wenn er auf Objekte wie Berge trifft.
In den niedrigeren Lagen fanden die Forscher zudem vermehrt Staubpartikel aus dem Central Valley in Kalifornien. Auch die heute als die Kornkammer des Bundesstaates bekannte Region scheint für die Nährstoffversorgung in der Sierra Nevada demnach eine Rolle zu spielen. Insgesamt stellen der Staub aus dem Central Valley und jener aus der Wüste Gobi mehr Phosphor für die Pflanzen zur Verfügung als der Untergrund, berichtet das Team.
Mehr Staub durch den Klimawandel?
„Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff regulieren das Leben auf der Erde“, betonen die Wissenschaftler. Daher sei es wichtig, zu verstehen, welche Bedeutung den unterschiedlichen Nährstoffquellen in den Ökosystemen unseres Planeten zukomme – und wie sich dies in Zukunft verändern könnte.
So werde durch den Klimawandel künftig wahrscheinlich noch mehr nährstoffreicher Staub in bergige Ökosysteme getragen werden, so Aronsons Team. Denn durch die Erderwärmung werden immer mehr wüstenartige Bedingungen entstehen und somit auch mehr Staubpartikel in der Atmosphäre unterwegs sein. (Nature Communications, 2017)
(University of California, 29.03.2017 – DAL)