Quantenphysik und Humor haben offenbar mehr gemeinsam als man denkt. Denn was beim Verstehen eines Wortwitzes in unserem Denken vorgeht, lässt sich durchaus mit Modellen und der Formulierungen der Quantentheorie beschreiben, wie zwei Forscherinnen aufzeigen. Demnach funktioniert ein Wortwitz nur dann, wenn er einen Zustand kognitiver Überlagerung in unserem Gehirn auslöst – zwei mögliche Wortbedeutungen sind gleichzeitig aktiviert.
„Bist du per Anhalter gekommen?“ – „Wieso?“ – „Du siehst so mitgenommen aus.“ Ob dieses Wortspiel uns zum Lachen bringt oder eher gequältes Ächzen abringt: Es ist ein typisches Beispiel für Humor durch Zweideutigkeit. Wir verstehen den Witz erst, wenn uns klar wird, dass „mitgenommen“ je nach Kontext zwei Bedeutungen haben kann – und wenn der Kontext uns zunächst bewusst in die falsche Richtung führt.
Mehr als nur Irreführung
Doch nach Ansicht von Liane Gabora von der University of British Columbia und ihre Kollegin Kristy Kitto steckt mehr dahinter als bloße Irreführung. „Diese Vorstellung sagt uns zwar etwas über die Eigenschaften solcher Witze, unserer Ansicht nach liefern sie uns aber kein akkurates Modell darüber, in welchem kognitiven Zustands das menschliche Gehirn in dem Moment ist, in dem wir den Witz verstehen“, sagen die Forscherinnen.
Ihre skurrile Idee: Möglicherweise lassen sich die Eigenheiten dieser Humorform durch die Quantenphysik besser verstehen. Das klingt zunächst ziemlich seltsam, denn Humor ist schließlich primär ein psychologisches Phänomen.
Mentaler Zustand der Überlagerung
Doch wie die Forscherinnen darlegen, gibt es durchaus aufschlussreiche Parallelen zwischen Humor und Quantenphysik – und die Witzreaktion lässt sich sogar in die gleichen Formeln fassen. „Typisch für die Quantenphysik sind Phänomene wie Interferenz, Überlagerung und Verschränkung“, erklären Gabora und Kitto. „Deren Mehrdeutigkeit in Bezug auf das Ergebnis wird erst aufgelöst, wenn eine Messung erfolgt und diese Zustände kollabieren.“
Ähnlich ist dies auch beim Wortwitz: Die Zweideutigkeit des Begriffs oder der Phrase führt in unserem Gehirn zu einer Art Überlagerung der Bedeutungen. Erst dieser kognitive Überlagerungszustand macht nach Ansicht der Forscherinnen einen wesentlichen Teil des Witzes aus: Gerade weil wir die beiden möglichen Bedeutungen gleichzeitig wahrnehmen können, ist das Wortspiel lustig. Erst am Schluss bricht dann diese Gleichzeitigkeit der möglichen Interpretationen zusammen – ähnlich wie bei einer quantenphysikalischen Messung.
„Die Lustigkeit eines Wortwitzes ist daher kein präexistierendes Element der Wirklichkeit, das objektiv gemessen werden kann. Stattdessen entsteht es erst durch die Interaktion zwischen dem Wortspiel, dem kognitiven Zustand des Zuhörers und äußeren Faktoren“, erklärt Gabora. „Genau das macht den Quantenformalismus zu einem exzellenten Kandidaten, um Humor abzubilden.“ (Frontiers in Physics, 2017; doi: 10.3389/fphy.2016.00053)
(Frontiers, 21.03.2017 – NPO)