Bildung

Wissenschaft wird immer globaler

Zahl multinationaler Projekte und Veröffentlichungen hat sich seit 1990 mehr als verdoppelt

Forschung findet heute meist grenzüberschreitend statt, der Einzelkämpfer im Labor ist out. © valueline/ iStock.com

Global statt national: Immer mehr Forschungsprojekte sind international – und das selbst in Fächern, in denen man es nicht erwarten würde. So hat sich selbst in Mathematik, Bodenkunde und Virologie die Zahl der Projekte mit Teilnehmern aus mehr als einem Land seit 1990 mehr als verdoppelt, wie eine Studie belegt. Nationale Alleingänge, wie sie Trump und Co favorisieren, seien daher weder zeitgemäß noch für die Wissenschaft förderlich, so die Autoren.

Die klassische Vorstellung vom Forscher, der allein in seinem Kämmerlein vor sich hin grübelt und experimentiert, ist längst passé. Zum einen, weil gerade in der Physik oder Astronomie teure Großgeräte benötigt werden, die ein Land allein nicht bezahlen kann. Bestes Beispiel dafür ist der Teilchenbeschleuniger LHC am CERN, an dem Dutzende Länder und Tausende von Forschern beteiligt sind.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit verdoppelt

Doch was ist mit Fachrichtungen, die ohne solche Megaprojekte auskommen? Diese Frage haben nun Caroline Wagner von der Ohio State University und ihre Kollegen näher untersucht. Für ihre Studie analysierten sie die Autorenzusammensetzung von Veröffentlichungen aus der Zeit zwischen 1990 und 2013 in sechs Fachrichtungen: Astrophysik, Mathematik, Polymerforschung, Seismologie, Bodenkunde und Virologie.

Wie die Studie ergab, hat sich die Zahl der Veröffentlichungen mit Autoren aus mehr als einem Land in allen Fachrichtungen seit 1990 mehr als verdoppelt. Der Anteil stieg von zehn Prozent auf 25 Prozent. Auch die Zahl der Länder, die an solchen internationalen Kooperationen beteiligt sind, ist in dieser Zeit deutlich angestiegen, wie die Forscher berichten.

Unabhängig von Geräten oder Methoden

Dabei betrifft diese Internationalisierung auch Fachrichtungen, in denen selbst die Wissenschaftler dies nicht erwartet hätten: „Man würde annehmen, dass Mathematiker es nicht unbedingt nötig haben, international zu kooperieren“, sagt Wagner. „Doch das stimmt nicht. Auch sie arbeiten zunehmend international.“

Den höchsten Anteil internationaler Kollaboration und die meisten beteiligten Länder hat die Virologie unter den sechs untersuchten Fachrichtungen, wie die Forscher berichten. „Sie arbeiten nicht zusammen, weil die teure Ausrüstung teilen müssen, sondern weil Probleme wie HIV, Ebola und Zika international sind und Informationen und Knowhow über Grenzen hinweg ausgetauscht werden müssen“, so Wagner.

„Ein globales System“

Eine globale Problematik könnte auch der Grund sein, warum der Anteil internationaler Projekt am stärksten bei der Bodenforschung anstieg: um 550 Prozent seit 1990. „Das haben wir sicher nicht erwartet“, sagt Wagner. „Aber es scheint, dass heute alle Fachrichtungen auf ähnlich hohe Niveaus internationaler Zusammenarbeit hinsteuern.“

Nach Ansicht der Forscher ist diese Zusammenarbeit über Grenzen hinweg essenziell für die moderne Forschung – und kommt auch den nationalen Einrichtungen und Universitäten zugute. „Im 20. Jahrhundert hatte wir noch nationale Systeme, um Forschung zu betreiben. Doch heute haben wir zunehmend ein globales System“, sagt Wagner. „Wissenschaft ist heute eine globale Unternehmung.“

Durch pauschale Einreiseverbote, wie sie US-Präsident Donald Trump erlassen hat, schadet er letztlich auch der Forschung im eigenen Land. Das betonten Vertreter mehrerer Wissenschaftsorganisationen auf dem Jahrestreffen der American Association for the Advancement of Science. (2017 AAAS Annual Meeting)

(Ohio State University, 20.02.2017 – NPO)

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