Alkohol statt giftigem Hydrazin: Künftig könnten Trägerraketen mit Ethanol und Sauerstoff statt mit Hydrazin in den Orbit starten. Erste Tests mit Einspritzköpfen für Ethanol-Triebwerke hat jetzt ein deutsch-brasilianisches Projekt erfolgreich abgeschlossen. Geplant ist, die Oberstufe brasilianischer Klein-Trägerraketen künftig mit einem solchen Ethanol-Triebwerk zu betreiben. Dadurch könnte man auf das hochgiftige und umweltschädliche Hydrazin verzichten.
Bisher wird für den Antrieb von Raketen und Raumsonden häufig Hydrazin verwendet, eine hochreaktive Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff (N2H2). Das Problem dabei: Hydrazin ist hochgiftig und krebserregend, schon der Kontakt mit der Haut kann zu Gesundheitsschäden führen. Entsprechend hoch ist der Aufwand, um den Treibstoff sicher zu lagern und zu transportieren. In Europa ist es aufgrund der REACH-Verordnung sogar fraglich, wie lange Hydrazin noch als Treibstoff zugelassen sein wird.
Ethanol als „grünere“ Alternative
Forscher vom Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der brasilianischen Raumfahrtagentur AEB haben daher nach möglichen Alternativen für den Raketenantrieb gesucht. Ihre Idee: Ethanol als Treibstoff zu nutzen. Ethanol gehört, ebenso wie Methan, zu den so genannten „grünen“ Treibstoffen. Diese gewinnen zunehmend an Bedeutung, da sie umweltfreundlicher und weniger gesundheitsbelastend sind als Hydrazin-Verbindungen.
„Um die optimale Technik für den Antrieb einer zukünftigen deutsch-brasilianischen Rakete zu finden, wurden parallel zwei Einspritzköpfe entwickelt, die auf unterschiedlichen Konzepten beruhen“, erklärt Projektleiterin Lysan Pfützenreuter vom DLR Raumfahrtmanagement. Die beiden Einspritzköpfe unterscheiden sich vor allem in der Art und Weise, wie der Treibstoff in die Brennkammer eingesprüht und vermischt wird.
Erste Tests erfolgreich
Getestet wurden die neuen Ethanol-Einspritzköpfe am DLR-Standort Lampoldshausen. Er ist bisher der einzige Teststand in Europa, in dem Triebwerkskomponenten für Orbitalraketen mit dem Treibstoff Ethanol getestet werden können. Der Teststand wurde dafür im Frühjahr 2016 um eine Hochdruck-Ethanolversorgung erweitert.
Die ersten Ergebnisse sind positiv: „Bei dieser ersten Kampagne haben wir alle wichtigen Testziele erreicht: So wurden an zwanzig Tagen wurden insgesamt 42 Zündungen erfolgreich durchgeführt“, berichtet Pfützenreuter. „Dabei konnten wir unter anderem das Zündverhalten und die Stabilität des Systems während Zündung und Anfahren der Schubkammer genau analysieren. Hierdurch haben wir wichtige Erkenntnisse für die weitere Triebwerksentwicklung gewonnen.“
Ethanol-Kleinrakete bereits in Planung
Einer der beiden neuen Einspritzköpfe soll einmal das Herzstück des neuen L75-Triebwerks werden, das zukünftig brasilianische Trägerraketen für kleinere Nutzlasten mit Ethanol antreiben soll. Durch diesen „neuen“ Treibstoff würde nicht nur die Umwelt geschont, auch Kosten in der Raumfahrt könnten deutlich reduziert werden, da der bislang hohe Aufwand für die sichere Lagerung und Handhabung des Hydrazins entfällt.
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 15.02.2017 – NPO)