Konkurrenz für das kosmologische Standardmodell? Unser dreidimensionales Universum könnte durch ein zweidimensionales Quantenfeld erschaffen sein und damit nur eine Art Holografie – so eine Theorie. Ob dieses Modell zu den Beobachtungsdaten passt, haben Physiker nun anhand der Messdaten des Planck-Satelliten überprüft. Ihr Fazit: Das Holografie-Modell steht bei der Beschreibung der Prozesse im frühen Kosmos dem Standardmodell kaum nach.
Was in der Frühzeit des Universums geschah und wie sich aus diesem extremen Urzustand unser heutiger Kosmos entwickelte, ist noch immer rätselhaft. Einer gängigen Hypothese nach gab es eine Phase der kosmischen Inflation, die das Ur-Universum in Sekundenbruchteilen auf gewaltige Dimensionen ausdehnte. Doch bisher gibt es keinen Beleg dafür. Weitgehend unbekannt ist auch, welche Prozesse und Gesetzmäßigkeiten zur Inflation geführt haben könnten.
Das zurzeit gängige kosmologische Standardmodell, das sogenannte Lambda Cold Dark Matter Modell (ΛCDM), beschreibt zwar frühe Turbulenzen im Kosmos mit zwei seiner sechs Parameter – und kann die kosmische Inflation zumindest in Teilen beschreiben. Bewiesen ist aber auch dieses Modell bisher nicht.
Zweidimensionales Feld als Urheber?
Doch es gibt noch ein alternatives Modell: Nach diesem waren das frühe Universum – und vielleicht auch noch das heutige – holografisch. Alle Teilchen und Phänomene, die wir im Kosmos beobachten, wären demnach nur die Projektion eines zweidimensionalen Felds. Diese Variante der Quantenfeldtheorie geht von einem Feld ohne Gravitation und mit einer Dimension weniger als herkömmliche Modelle aus.
„Das Holografie-Modell ist wie ein Rosetta-Stein, der zwischen den bekannten Quantenfeldtheorien ohne Gravitation und dem noch unerforschten Gebiet der Quantengravitation übersetzt“, erklärt Erstautor Niayesh Afshordi von der University of Waterloo. Dadurch könnte dieses Modell möglicherweise die Diskrepanzen zwischen Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie und den Phänomenen der Quantenphysik beseitigen – so jedenfalls die Hoffnung der Physiker.
Überprüfung an Planck-Daten
Doch wie realistisch ist die Vorstellung eines holografischen Universums? „Beide Modelle, das ΛCDM- und das holografische Modell, machen eindeutige Vorhersagen, die wir überprüfen können“, erklärt Afshordi. So kann man beispielsweise testen, wie gut die beiden Modelle mit den Messdaten zur kosmischen Hintergrundstrahlung übereinstimmen.
Im Muster dieser aus der Frühzeit des Universums stammenden Mikrowellenstrahlung haben sich Indizien zu den Masse-Energie-Fluktuationen direkt nach dem Urknall erhalten. Ob das Holografie-Modell diese Fluktuationen beschreiben und erfassen kann, haben nun Afshordi und seine Kollegen anhand der Daten des Planck-Satelliten überprüft.
„Die Holografie-Theorie kann mithalten“
Das Ergebnis: „Die von uns getestete Klasse der holografischen Modelle für das frühe Universum können mit dem kosmologischen Standardmodell mithalten“, berichten die Forscher. „Zwar sagen die holografischen Modelle andere Masse-Energie-Fluktuationen voraus als das ΛCDM-Modell, dennoch liefern sie ebenfalls eine exzellente Übereinstimmung mit den Daten.“ Nach Angaben von Afshordi und seinen Kollegen können demnach auch die einfachen Quantenfeldtheorien nahezu alle kosmologischen Daten des Planck-Satelliten erklären.
„Es wäre nun interessant, diese Modelle weiter zu analysieren, um weitere Eigenschaften zu finden, die anhand von Beobachtungen überprüft werden können“, so die Physiker. Tatsächlich haben Forscher bereits im Jahr 2014 mit dem „Holometer“ ein Experiment begonnen, dass die Quantennatur der Raumzeit ergründen soll – und damit die Holografie-Theorie überprüfen. (Physical Review Letters, 2017; doi: 10.1103/PhysRevLett.118.041301)
(University of Southampton, 01.02.2017 – NPO)