Computer als Hautarzt: Künftig könnte ein Computerprogramm ermitteln, ob ein Leberfleck bösartig oder harmlos ist. Denn US-Forscher haben einen lernfähigen Algorithmus entwickelt, der Hautkrebs erstaunlich zuverlässig diagnostizieren kann: In Tests mit Hautfotos schnitt er genauso gut ab wie erfahrene Dermatologen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Sie arbeiten bereits daran, das Programm aufs Smartphone zu bringen.
Beim Melanom und anderen Hautkrebsarten ist die frühe Erkennung entscheidend: Wird die bösartige Hautveränderung rechtzeitig entfernt, liegen die Heilungschancen bei fast 99 Prozent, bei späteren Stadien sinken sie wegen der Metastasenbildung auf nur noch 14 Prozent. Entsprechend wichtig ist es, dass vor allem Rothaarige und andere Menschen mit heller Haut Sonnenbrände meiden und regelmäßig zur Hautkrebs-Früherkennung gehen.
Neuronales Netz paukt Haut-Fotos
Doch was ist, wenn kein Hautarzt verfügbar ist oder Zeit und Geld fehlen? Kann auch ein Computerprogramm dessen Aufgabe übernehmen und Hautkrebs erkennen? Um das herauszufinden, haben Andre Esteva und seine Kollegen von der Stanford University eine auf neuronalen Netzwerken basierende künstliche Intelligenz zum Dermatologen umprogrammiert.
Als Ausgangspunkt nutzten die Forscher einen von Google entwickelten lernfähigen Algorithmus, der darauf geeicht ist, tausende von Fotos bestimmten Kategorien zuzuordnen. Dieses KI-Programm entwickelten die Wissenschaftler weiter und trainierten es mit Hilfe von knapp 130.000 beschrifteten Fotos von verschiedensten gut- und bösartigen Hautveränderungen. Anhand dieser Bilder lernte das Programm selbstständig, die typischen Merkmale von malignen Melanomen und malignen Karzinomen zu erkennen.
Genauso gut wie die Dermatologen
Nun folgte der eigentliche Test: Die Forscher legten 21 erfahrenen Dermatologen und dem KI-Programm 370 Fotos von Hautveränderungen vor. Diese waren zuvor mittels Biopsien eindeutig diagnostiziert worden. Ärzte und Computer mussten nun entscheiden, ob es sich um Hautkrebs handelt oder aber um eine gutartige Veränderung. Als Fehler bewertet wurden dabei sowohl die falschpositiven als auch die falschnegativen Einordnungen.
Das Ergebnis: Hautärzte und Computer schnitten bei der Diagnose gleich gut ab. Beide erreichten eine Quote von rund 91 Prozent. „Das demonstriert die Effektivität von Deep Learning KI in der Dermatologie“, sagen Esteva und seine Kollegen. „Die Fähigkeit, Hautveränderungen genauso präzise zu klassifizieren wie ein zertifizierter Hautarzt hat das Potenzial, Menschen den Zugang zu lebenswichtigen medizinischen Diensten zu erweitern.“
Hautarzt im Smartphone
Die Ideen der Forscher gehen aber noch weiter: Als nächstes wollen sie daran arbeiten, ihren lernfähigen Algorithmus auf das Smartphone zu bringen. „Jeder hat einen Computer in der Tasche, der eine ganze Reihe von eingebauten Sensoren und eine Kamera umfasst“, sagt Esteva. „Was wäre, wenn wir das Handy nutzen, um direkt unsere Haut nach Hautkrebs abzusuchen? Oder nach anderen Krankheiten?“
Bevor allerdings die künstliche Intelligenz die Hautkrebs-Diagnose übernimmt – egal ob auf dem PC oder im Handy, muss ihre Verlässlichkeit erst noch weiter getestet werden, betonen die Forscher: „Eine rigorose Bewertung des Algorithmus ist nötig, bevor er in die klinische Praxis übernommen wird und dann von Ärzten und Patienten gleichermaßen genutzt wird“, sagt Koautorin Susan Swetter. (Nature, 2017; doi: 10.1038/nature21056)
(Stanford University, 26.01.2017 – NPO)