Himmelsschauspiel prognostiziert: In fünf Jahren könnte ein neues, helles Licht am Nachthimmel erscheinen. Denn ein Doppelstern steht kurz vor der Verschmelzung und könnte 2022 in einer Nova explodieren, wie US-Astronomen prognostizieren. Sollte ihre Vorhersage zutreffen, wäre dies das erste Mal, dass eine solche Sternexplosion sozusagen „mit Ansage“ beobachtet werden kann – und das noch dazu mit bloßem Auge.
Im August 2013 leuchtete am Himmel plötzlich ein zuvor unauffälliger Stern im Sternbild Delfin hell auf, seine Leuchtkraft erhöhte sich um das Hunderttausendfache. Die Ursache dieses Himmelsschauspiels war eine Nova: Ein Weißer Zwerg hatte so lange Material von seinem Partnerstern abgesaugt, bis er instabil wurde und in einer Nova explodierte.
Zwei Sterne auf Tuchfühlung
Eine noch ungewöhnlichere Art von Nova könnten wir im Jahr 2022 beobachten – wenn sich die Vorhersagen des US-Astronomen Lawrence Molnar vom Calvin College und seiner Kollegen bewahrheiten. Denn sie haben Indizien dafür entdeckt, dass ein 1.700 Lichtjahre von der Erde entfernter Doppelstern im Sternbild Schwan kurz vor der Explosion steht.
Der Doppelstern KIC 9832227 besteht aus zwei Sternen, die sich so eng umkreisen, dass ihre äußeren Hüllen sich bereits berühren. „Die beiden Sterne teilen eine einzige Atmosphäre, wie zwei Erdnüsse in einer gemeinsamen Schale“, erklärt Molnar. Für eine Umkreisung in diesem engen Tanz benötigen die Himmelskörper nur knapp elf Stunden – das zeigten bereits erste Messungen.
Enger werdender Orbit
In den letzten Jahren jedoch hat sich die Umlaufbahn der beiden Sterne zunehmend verändert, wie die Forscher bei der Auswertung von 15 Jahren Beobachtungsdaten verschiedener Teleskope feststellten. Das Zeitintervall, in dem der lichtschwächere der beiden Sterne vor seinem Partner vorüberzieht, verkürzt sich immer mehr – und mit zunehmendem Tempo.
Das Spannende daran: Exakt dieses Verhalten zeigte auch der Doppelstern V1309 Scorpii, bevor er 2008 plötzlich explodierte. Die beiden Sterne waren sich zuvor immer näher gekommen und schließlich unter enormer Strahlungsabgabe miteinander verschmolzen. Die Folge war eine in doppelter Hinsicht ungewöhnliche Nova: Es war kein Weißer Zwerg beteiligt, wie bei typischen Novae üblich. Zudem leuchtet diese Sternexplosion rötlich statt wie sonst bläulich-weiß.
Solche roten Novae wurden bisher nur selten beobachtet – und noch nie nach einer konkreten Vorhersage ihrer Explosion.
Rote Nova im Jahr 2022
Nach Ansicht von Molnar und seinen Kollegen spricht jedoch alles dafür, dass KIC 9832227 direkt auf eine rote Nova zusteuert. Anhand der orbitalen Periode prognostizieren sie, dass die Explosion sich bereits im Jahr 2022 ereignen wird. „Es ist eine eins-zu-einer Million Chance, dass man eine solche Explosion vorhersagen kann“, sagt Molnar. „So etwas ist noch nie zuvor gelungen.“
In den letzten zwei Jahren haben die Astronomen das Verhalten des Doppelsterns noch einmal genau analysiert. Sie wollten sichergehen, dass es nicht doch auf andere Prozesse, wie beispielsweise den Schwerkrafteinfluss eines dritten Sterns, zurückgeht. Doch bisher spricht alles dafür, dass es sich tatsächlich um einen Kontakt-Doppelstern handelt, der kurz vor einer Verschmelzung steht, berichten die Forscher.
So hell wie der Nordstern
Wenn es 2022 tatsächlich eine rote Nova von KIC 9832227 gibt, dann wäre diese Sternenexplosion mit bloßem Auge am Nachthimmel sichtbar. Im Sternbild Schwan würde dann plötzlich ein neuer heller Lichtpunkt aufleuchten. Der bisher nur mit starken Teleskopen sichtbare Stern könnte dann so hell aufstrahlen wie der Nordstern und die hellen Sterne des großen Wagens.
„Das wäre ein bedeutendes Ereignis – nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch, weil es die Menschen auf der Straße faszinieren kann“, sagt Koautor Matt Walhout vom Calvin College. „Wenn die Vorhersage stimmt, dann wäre dies das erste Mal in der Geschichte, dass Eltern auf eine dunkle Stelle am Himmel zeigen können und sagen: ‚Seht Kinder, dort versteckt sich ein Stern, der bald ganz hell aufleuchten wird!‘.“ (229th meeting of the American Astronomical Society)
(Calvin College, 09.01.2017 – NPO)