Geowissen

Campi Flegrei: Erwacht der Supervulkan?

Steigender Gasausstoß und Temperatur des Magmas unter italienischem Supervulkan

Der Supervulkan unter den Campi Flegrei ist aktiv - das belegen unter anderm Gasaustritte wie hier an der Grande Fumarola. © Mentnafunangann/ CC-by-sa 3.0

Warnende Vorzeichen: Der Supervulkan Campi Flegrei bei Neapel wird zunehmend aktiver. Ein vermehrter Ausstoß von Wasserdampf und steigende Temperaturen im Untergrund könnten sogar auf eine drohende Eruption hindeuten, warnen Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“. Geophysikalische Modelle legen nahe, dass sich die vulkanische Gasentwicklung im Untergrund einem kritischen Ausgasungsdruck nähert.

Die Campi Flegrei, die Phlegräischen Felder in der Nähe von Neapel, gehören zu den schlafenden Riesen – den Supervulkanen. Als dieses Vulkangebiet vor knapp 40.000 Jahren ausbrach, überzog die Eruption halb Europa mit Asche und Rauch. Der folgende vulkanische Winter könnte sogar zum Aussterben der Neandertaler beigetragen haben.

Vermehrte Aktivität

Die Campi Flegrei sind bis heute aktiv: Auf einer Fläche von rund 150 Quadratkilometern zeugen heiße Quellen und Gasaustritte davon, dass im Untergrund noch immer heißes Magma strömt. Der letzte größere Ausbruch aus einem der 50 Schlote ereignete sich im Jahr 1538. Danach blieb es lange ruhig – bis jetzt. Seit 2005 hebt sich der Untergrund über dem Supervulkan wieder, Erdbeben und ein verstärkter Gasausstoß an den Fumarolen und heißen Quellen spricht für verstärkte Aktivität im Untergrund.

„Doch es ist nicht klar, ob diese Unruhe tatsächlich in einer Eruption kulminieren wird und wann das der Fall sein könnte“, sagen Giovanni Chiodini von Vulkanologischen Nationalinstitut in Bologna und seine Kollegen. „Die Tatsache, dass eine halbe Million Menschen in der Nähe der Caldera lebt, macht die Situation besonders gravierend.“

Hydrothermales System erschwert Prognosen

Das Problem: Im Gegensatz zu einfachen Vulkanbergen erschwert hier ein komplexes hydrothermales System die Einschätzung der Gefahr. Denn Wechselwirkungen zwischen Magma, Grundwasser und Gasen verändern das Vulkanverhalten. Ob das Magma im Untergrund in Bezug auf Druck oder Temperatur einen kritischen Zustand erreicht hat, ist daher nur schwer abschätzbar.

Um mehr Klarheit zu schaffen, haben Chiodini und seine Kollegen die Verhältnisse solcher Vulkansysteme in einem chemisch-geophysikalischen Modell nachgebildet. Sie untersuchten damit vor allem, wie sich die Ausgasung des Magmas verändert, wenn ein Supervulkan sich einem kritischen Druck nähert. Gibt es ein Warnzeichen bei den Vulkangasen?

Der vermehrte CO-Ausstoß deutet auf einen Temperaturanstieg im Supervulkan hin. © Chiodini et al./ Nature Communications, CC-by-sa 4.0

Nahe am kritischen Punkt

Das Ergebnis: Wenn sich ein Supervulkan wie die Campi Flegrei einem kritischen Ausgasungsdruck nähert, treten tatsächlich messbare Veränderungen ein. Eine davon ist die seit 15 Jahren beobachtete exponentielle Zunahme der Kohlenmonoxid-Ausgasung aus den Fumarolen. „Sie spricht dafür, dass sich das hydrothermale System der phlegräischen Felder allgemein aufheizt“, berichten die Forscher.

Ein weiteres Indiz: „Magmas, die sich ihrem kritischen Punkt nähern, erhöhen abrupt ihre Freisetzung von Wasserdampf“, so die Wissenschaftler. Das wiederum heizt die Flüssigkeit im hydrothermalen System stärker auf und erhöht auch ihre Menge. Beides lasse sich in den Campi Flegrei feststellen und könnte auch zur Hebung des Untergrunds in diesem Gebiet beigetragen haben, berichten Chiodini und seine Kollegen.

Nach Ansicht der Forscher sprechen ihre Analysen dafür, dass sich der Supervulkan unter den Campi Flegrei einem kritischen Ausgasungsdruck nähert. Hinzu kommt: Das Untergrundgestein, vorwiegend gelber Tuff, reagiert besonders sensibel auf Temperaturveränderungen. „Die Dehnungsstabilität dieser Gesteine kann sich halbieren, wenn die Temperatur von 100 auf 300 Grad ansteigt“, berichten die Forscher.

Droht ein großer Ausbruch?

Was aber bedeutet dies nun? Rein theoretisch könnte ein großer Ausbruch an den Campi Flegrei durchaus bevorstehen. Wie die Wissenschaftler berichten, gibt es Modelle, nach denen bei diesem Supervulkan rund 15 Jahre vom Beginn der Bodendeformation bis zum kritischen Ausgasungsdruck und dem Nachgeben des Gesteins vergehen. Seit 2005 sind bereits elf Jahre dieser Frist verstrichen.

Allerdings: „Man muss sehr vorsichtig sein, wenn man die kurz- und mittelfristige Zukunft eines solchen Vulkansystems vorhersagen will“, betonen Chiodini und seine Kollegen. Aufgrund der komplexen Verhältnisse ist es genauso möglich, dass die Aktivität sich wieder legt und der Supervulkan erst noch eine weitere Phase der Ruhe einlegt.

Bisher sehen die Forscher keine Hinweise darauf, dass eine Eruption unmittelbar bevorsteht – ausgeschlossen ist es aber auch nicht. Für die Menschen in Neapel und Umgebung bedeutet dies, weiterhin auf alles vorbereitet zu sein. Seit 2012 haben die Zivilschutzbehörden für die Campi Flegrei bereits die Warnstufe erhöht. (Nature Communications, 2016; doi: 10.1038/ncomms13712)

(Nature Communications, 21.12.2016 – NPO)

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