Erfolg und enttäuschend zugleich: Physiker haben die Masse eines wichtigen Elementarteilchens bestimmt. Das W-Boson, das Mittlerteilchen der schwachen Kernkraft, hat demnach eine Masse von 80.370 Megaalekronenvolt (MeV). Das Positive daran: Dies passst gut zu dem, was das Standardmodell vorhersagt. Das Enttäuschende: Zumindest hier verbirgt sich demnach keine neue Physik.
Im Standardmodell der Teilchenhysik gibt es neben den Materieteilchen auch Teilchen, die die Grundkräfte vermitteln. Beispiele sind das Photon für die elektromagnetische Kraft oder das Gluon für die starke Kernkraft. Die schwache Kernkraft, die unter anderem beim radioaktiven Beta-Zerfall wirkt, wird von den Z- und W-Bosonen übertragen. Das W-Boson wurde erst 1983 am CERN entdeckt.
Protonenkollision als Messwerkzeug
Dem Standardmodell nach hat das W-Boson eine bestimmte Masse, die auch Rückschlüsse auf Eigenschaften des Higgs-Bosons erlauben könnte. Doch diese Masse experimentell zu ermitteln, ist alles andere als einfach, sogar am größten Teilchenbeschleuniger der Erde, dem Large Hadron Collider (LHC), galt dies lange für unmöglich.
Doch nach fünfjähriger Arbeit ist nun am CERN eine Hochpräzisionsmessung der Masse des W-Bosons gelungen. Sie erreicht eine Präzision von 0,2 Prozent und zählt damit zu den genausten Einzelmessungen, die jemals erzielt wurden. Für die Messung ließen die Forscher Protonen mit sieben Teraelektronenvolt Energie im ATLAS-Detektor des LHC kollidieren und konnten aus Art und Ablauf der Teilchenzerfälle auf die Masse des W-Bosons schließen.
Ein Erfolg, aber…
Das Ergebnis: Die Masse des W-Bosons liegt demnach bei 80.370 ± 19 MeV – und stimmt damit mit den bisherigen Messungen und den theoretischen Vorhersagen überein. „Diese von uns gemessene Masse des W-Bosons bestätigt die Konsistenz des Standardmodells der Teilchenphysik“, sagt Matthias Schott von der Universität Mainz. Das sei in klarer Erfolg.
Allerdings: “ Vielleicht hätten wir uns noch viel mehr gefreut, wenn wir eine Abweichung entdeckt hätten“, meint der Physiker. Denn würde die Masse des W-Bosons signifikant von den vorhergesagten Werten abweichen, dann könnte dies das gängige Standardmodell der Teilchenphysik in Frage stellen- und Hinweise auf neue, noch unbekannte Prozesse und Teilchen liefern.
(CERN/ Universität Mainz, 16.12.2016 – NPO)