Spannender Fund: Ein in Myanmar entdeckter Bernsteinklumpen enthält einen paläontologischen Schatz. Denn in ihm ist der Schwanz eines jungen Dinosauriers mitsamt der Federn erhalten geblieben. Erstmals ist es dadurch möglich, die Feinstruktur der Dino-Federn bis ins Detail zu erforschen. Sie zeigt unter anderem, dass der Federschaft später entstand als die feinsten Federhärchen, wie die Forscher im Fachmagazin „Current Biology“ berichten.
Vögel sind keineswegs die Ersten, die ein Gefieder entwickelten. In den letzten Jahren haben unzählige Fossilfunde demonstriert, dass auch viele Dinosaurier schon ein Federkleid trugen – vom wendigen Microraptor über den furchterregenden Tyrannosaurus rex bis zu deren frühesten Vorfahren. Wie diese Federn jedoch strukturiert waren und wie sie sich von denen der Urvögel unterschieden, ließ bisher nur erahnen – Feinstrukturen waren in den versteinerten Federresten meist nicht mehr zu erkennen.
Echter Glücksfund
Jetzt bietet ein Zufallsfund neue Einblicke. Entdeckt hat ihn Lida Xing von der Chinesischen Universität für Geowissenschaften in Peking. Als er über einen Bernsteinmarkt in Myanmar schlenderte, fiel ihm ein rund vier Zentimeter großer Bernsteinklumpen auf. In diesem war eine längliche, verzweigte Struktur zu erkennen, die auf den ersten Blick Pflanzenblättern ähnelte.
Doch Xing erkannte schnell, dass hier etwas viel Spannenderes im urzeitlichen Baumharz eingeschlossen war: kleine Federn. Er kaufte den Bernstein und unterzog ihn gemeinsam mit Kollegen einer genauen Analyse, unter anderem mittels Mikroskop und Mikro-Computertomografie. Dabei zeigte sich: Der Bernstein ist 99 Millionen Jahre alt und stammt damit aus der mittleren Kreidezeit.
Federschwanz eines Jungdinos
Die Sensation aber war der Einschluss: Es handelt sich um den gefiederten Schwanz eines kleinen Dinosaurier-Jungtieres. „Wir sind uns dessen sicher, weil die Schwanzwirbel noch nicht verschmolzen sind wie bei den Vögeln“, berichten die Forscher. „Stattdessen ist der Schwanz lang und biegsam und ist an beiden Seiten mit Federreihen besetzt. Diese Federn stammen definitiv von einem Dinosaurier und nicht von einem Urvogel.“
Im Bernstein erhalten sind acht Schwanzwirbel des Jungdinos, an dem noch Reste von Muskeln, Sehnen und Haut zu erkenne sind. Vor allem aber sind die Federn an diesem Dinosaurierschwanz perfekt erhalten. „Die Federn sind in 3D und in mikroskopischem Detail konserviert“, sagt Koautor Ryan McKellar vom Royal Saskatchewan Museum.
Andere Federstruktur als bei Vögeln
Die Analyse der Federn enthüllte, dass der Schwanz dieses Jungdinos an der Oberseite kastanienbraun und an der Unterseite weißlich gefärbt war. An der Oberseite bilden die Federn zwei lange nach hinten-oben gerichtete Reihen, ab der Schwanzmitte kommt eine weitere, mittig stehende Federreihe hinzu, wie die Wissenschaftler berichten. Die Schwanzunterseite ist dagegen eher spärlich und weniger geordnet befiedert.
Besonders aufschlussreich aber ist die Feinstruktur der Federn: Ihnen fehlt ein dicker Federschaft, wie es für Vogelfedern typisch ist. Stattdessen gehen von einem eher schmächtigen Mittelstrang abwechselnd Federäste ab, wie Xing und seine Kollegen feststellten. Auffallend auch: Dieser Mittelstrang trägt ebenso wie die Federäste feinste Federhärchen, die sogenannten Barbulae. Bei Vögeln gibt es diese Härchen am Schaft nicht.
Erst kamen Federhärchen, dann ein dicker Kiel
Der im Bernstein konservierte Dinoschwanz liefert damit wertvolle Informationen über die Evolution der Federn. Denn er zeigt gleich zweierlei: „Dieser Fund deutet daraufhin, dass die Nichtvogel-Theropoden eine größere Vielfalt an Federformen besaßen als man bisher angenommen und aus Varianten moderner Federn geschlossen hat“, sagen die Forscher. Die Evolution probierte damals gewissermaßen noch aus.
Zum anderen aber demonstriert der Dinoschwanz, dass die feinsten Federstrukturen, die Barbulae, möglicherweise vor dem dicken Federkiel entstanden. „Im Entwicklungsmodell der Federn ist dieser Fund ein Zwischenstadium zwischen Federn mit Kiel und nackten Federästen und Federn ohne Kiel, aber mit Federästen und Barbulae“, erklären die Wissenschaftler.
In jedem Fall ist damit klar: „Dieser Theropodenschwanz ist ein erstaunliches Fossil“, konstatieren Xing und seine Kollegen. „Und er unterstreicht das einzigartige Konservierungspotenzial von Bernstein.“ Erst im Sommer 2016 hatten Paläontologen bei einem ähnlichen Glücksfund einen Bernsteinklumpen mit zwei Urvogel-Flügeln darin entdeckt. (Current Biology, 2016; doi: 10.1016/j.cub.2016.10.008)
(Cell Press, 09.12.2016 – NPO)