Eisschwund an den Polen geht weiter: Das arktische Meereis hatte im November die kleinste Ausdehnung, die je in diesem Monat gemessen wurde. Trotz Winterbeginn erholt sich das Meereis nur schleppend. Doch nicht nur im Norden gab es im Herbst ungewöhnlich wenig Eis. Auch in der Antarktis erreichte das Meereis einen Negativrekord. Zwar ist dort Sommer und das Eis taut wie immer zur warmen Jahreszeit – Tempo und Ausmaß aber überraschen die Experten.
Die Eisschmelze in der Arktis hat in diesem Jahr bereits eindrückliche Rekorde aufgestellt: Im September, wenn das Meereis traditionell sein Minimum erreicht, vermeldeten Wissenschaftler einen ungewöhnlichen Eisschwund. Das arktische Eis hatte am Ende der Sommersaison die zweitkleinste Ausdehnung, die jemals gemessen wurde. Hinzu kam: Noch nie gab es so viele offene Wasserflächen nahe am Nordpol wie in diesem Jahr.
Nun zeichnet sich ab, dass es mit diesem Trend weitergeht. Auch im November gab es in der Arktis für die Jahreszeit viel zu wenig Meereis, wie Satellitendaten von Wissenschaftlern um Mark Serreze vom National Snow and Ice Data Center der University of Colorado in Boulder zeigen.
Arktisches Meereis wächst zu langsam
Der Blick aus der Luft offenbart: Die Meereisdecke, die im Herbst normalerweise rasch wäschst, war 1,95 Millionen Quadratkilometer kleiner als in diesem Monat durchschnittlich üblich: Ihre Ausdehnung lag bei rund 9,08 Millionen Quadratkilometern. Der November ist damit nun der siebte Monat in diesem Jahr, in dem das arktische Meereis einen Negativrekord erreicht.
Warum aber wächst das Meereis in diesem Herbst so langsam? Schuld daran sind den Forschern zufolge vor allem die ungewöhnlich hohen Lufttemperaturen. Sie lagen im November bis zu zehn Grad Celsius über dem langjährigen Mittel. Beständige Winde aus dem Süden und ein warmer Ozean verstärkten den Effekt noch.
Negativrekord auch in der Antarktis
Doch nicht nur im Norden verzeichnen die Forscher ein November-Rekordtief. Auch in der Antarktis hat das Meereis ein beispielloses Monatstief erreicht. Zwar ist jetzt Sommer am Südpol und das Meereis schmilzt wie immer zur warmen Jahreszeit. Dieses Mal taut es aber ungewöhnlich schnell: Schon im November bedeckte das Eis den Satellitendaten zufolge nur noch eine Fläche von 14,54 Millionen Quadratkilometern – 1,81 Millionen Quadratkilometer weniger als für diesen Monat im Schnitt üblich sind.
Schuld sind laut Serreze und seinen Kollegen auch dort die Temperaturen, die zwei bis vier Grad über dem langjährigen Mittel lagen. Zudem könnten starke Westwinde zur schnellen Eisschmelze in der Antarktis beigetragen haben: Forschern ist aufgefallen, dass diese das Meereis vor dem Südkontinent zusammengeschoben und andernorts in niedrigere Breiten gepresst hatten, wo es taute.
Überraschende Entwicklung
Vor allem die ungewöhnliche Entwicklung in der Antarktis erstaunt die Wissenschaftler: „Normalerweise war für uns immer das Geschehen in der Arktis am interessantesten. In diesem Monat aber hat die Antarktis den Spieß umgedreht: Diesmal ist es das südliche Meereis, das uns am meisten überrascht hat“, sagt Serrezes Kollege Walt Meier.
(University of Colorado at Boulder, 07.12.2016 – DAL)