Höher und schneller: Forscher haben einen Roboter entwickelt, der erstaunlich gut springen kann. Als Vorbild für seine Konzeption dienten Sprungkünstler aus dem Tierreich: die Galagos. An die Fähigkeiten dieser kleinen Primaten reicht die neue Entwicklung zwar nicht heran. Unter seinen technischen Kollegen ist die Leistung des Sprungroboters jedoch beispiellos. Künftig könnte er womöglich Rettungsteams in Katastrophengebieten unterstützen.
Dass die Robotik bei der Natur abschaut, hat Tradition: Einige Roboter imitieren Schaben, andere den Gang von Stabheuschrecken oder das soziale Miteinander von Ameisen. Auch Duncan Haldane von der University of California in Berkeley und seine Kollegen haben sich für ihre neueste Entwicklung ein tierisches Vorbild genommen: die auch als Buschbabys bekannten Galagos.
Das besondere an diesen kleinen Primaten: Sie sind wahre Sprungkünstler. Bis zu zwei Meter hoch können sich die Winzlinge aus dem Stand in die Luft katapultieren. Noch dazu haben sie einen Trick auf Lager, um noch größere Höhen zu erreichen: Sie lassen sich nach einem Sprung direkt wieder vom Ast oder einer anderen Landefläche abprallen und erneut in die Höhe schleudern – und das mehrmals hintereinander. Durch dieses wiederholte Abspringen entwickeln sie eine 15-mal größere Spitzenkraft als ihre Muskeln allein produzieren könnten.
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Experten nennen dieses Phänomen „Power modulation“ – und bisher galt es als große Herausforderung, dieses Prinzip in der Robotik nachzuahmen. Dem Team um Haldane ist dies nun jedoch in Ansätzen gelungen: Die Wissenschaftler haben einen leichten Roboter in Galago-Größe konzipiert, der ebenfalls erstaunlich hoch und schnell springen kann. Sein Name: Salto.
Saltos Schöpfer statteten ihn mit speziell geformten Beinen aus, die ihm einen bedeutenden mechanischen Vorteil verleihen: Dank dieses Designs kann sein Motor beim Absprung überschüssige Energie in einer Feder speichern und sie bei einer darauffolgenden Bewegung entladen. Im Test musste Salto zum Beispiel vom Boden an eine Wand und von dort aus weiter in die Luft springen. Dabei konnte er beim zweiten Sprung 2,94-mal so viel Leistung aufbringen wie der Motor allein für den nächsten Sprung zur Verfügung gehabt hätte.
Besser als ein Ochsenfrosch
Doch wie gut ist Saltos Sprungtalent wirklich? Um das zu überprüfen, entwickelten die Forscher eine neue Maßeinheit, die sogenannte vertikale Sprungbeweglichkeit. Diese gibt an, wie hoch und wie schnell ein Roboter oder ein Tier springen kann. Salto kommt den Berechnungen zufolge auf eine vertikale Sprungbeweglichkeit von 1,75 Metern pro Sekunde.
Den Vergleich mit der Tierwelt muss der Roboter dabei nicht scheuen: Immerhin kann er besser Springen als ein Ochsenfrosch, der für seine außerordentliche Sprungkraft berühmt ist. An die Galagos reicht Salto dann aber doch nicht heran. Er schafft nur 78 Prozent von dem, wozu die kleinen Primaten fähig sind. Die Tiere kommen den Forschern zufolge nämlich auf eine vertikale Sprungbeweglichkeit von 2,24 Metern pro Sekunde.
Potenzial für Verbesserungen
Trotzdem ist dieses Ergebnis beeindruckend: Kein Roboter hat jemals eine so hohe vertikale Sprungbeweglichkeit erreicht wie Salto. Auch weil der Motor naturgemäß eine Beschränkung für die Sprungkraft bedeute, habe der beste Roboter vor Salto lediglich 55 Prozent der vertikalen Sprungbeweglichkeit eines Galagos erreicht, berichten Haldane und seine Kollegen.
Mit dem neuen Ansatz lässt sich nun womöglich auch die Sprungkraft anderer Roboter verbessern, sodass sie wiederholte Hochleistungssprünge schaffen, ohne zwischendurch lange aufgeladen werden zu müssen.
Neues Mitglied im Rettungsteam?
Interessant könnten solche agilen Gefährten zum Beispiel für Such- und Rettungstrupps werden. Bewegliche Roboter, die schnell über unebenes Terrain und Trümmer manövrieren können, können eine große Hilfe beim Aufspüren und Versorgen verletzter Menschen sein – gute Sprungeigenschaften sind dabei ein bedeutender Vorteil.
Tatsächlich war dieses Anwendungsgebiet auch die ursprüngliche Inspiration für die Arbeit der Wissenschaftler. Allerdings haben sie zwar bewiesen, dass Salto gut springen kann – doch er hat seine Fähigkeiten bisher nur auf harten und ebenen Oberflächen mit verlässlicher Bodenhaftung bewiesen. „Wie er in einer realen Umgebung und zum Beispiel auf körnigem Untergrund zurechtkommt, wäre eine interessante Frage für kommende Studien“, schreibt Haldanes Team. (Science Robotics, 2016; doi: 10.1126/scirobotics.aag2048)
(Science Robotics, 07.12.2016 – DAL)