Biologie

Kakadus sind verblüffend einfallsreiche Bastler

Je nach Material nutzen die Vögel die jeweils passende Technik

Aus der Wellpappe bastelt sich dieser Goffin-Kakadu ein Werkzeug. © Bene Croy

Improvisation auf Vogelart: Goffin-Kakadus sind enorm flexibel und einfallsreich, wenn es ums Werkzeugmachen geht. Je nach Material verwenden sie ganz verschiedene Basteltechniken, um sich ihre „Futterangel“ zu bauen. Selbst aus Wellpappe stanzen und schneiden sie sich mit dem Schnabel einen passenden Streifen heraus – ohne das jemals gelernt oder trainiert zu haben, wie Forscher im Fachmagzain „Biology Letters“ berichten.

Die in Indonesien heimischen Goffin-Kakadus sorgten schon häufiger für Aufsehen mit ihren raffinierten Werkzeug-Künsten. Obwohl sie in ihrem natürlichen Lebensraum keine Werkzeuge nutzen, werden sie in Volieren zu geschickten Bastlern und Knoblern: Sie stellen sich Werkzeuge her, wägen ab, ob sich ein Arbeitsaufwand lohnt und können sogar ein fünfteiliges Schloss knacken.

Holz, Pappe und Bienenwachs

Unklar blieb aber bisher, ob die schlauen Vögel auch improvisieren können: Schaffen sie es, ihr typische Futter-Angel-Werkzeug auch aus anderem Material als den üblichen Holzstäbchen herzustellen? Um das herauszufinden, stellten Alice Auersperg von der Veterinärmedizinischen Universität Wien und ihre Kollegen die Kakadus auf die Probe.

Das Forschungsteam platzierte Futter hinter einem kleinen Loch in einer durchsichtigen Box. Um das Futter zu erreichen, mussten die Kakadus sich ein dünnes, längliches Werkzeug basteln. Als Rohmaterial dafür bekamen sie jeweils eines von vier Materialien zur Auswahl: Lärchenholz, einen Buchenzweig mit Blättern, Pappe und Bienenwachs.

Für jedes Material eine andere Strategie

Die Kakadus zeigten dabei ein verblüffendes Improvisations-Talent: „Das Erstaunliche daran war, dass sie sich für jedes Material eine andere Strategie zurechtlegten“, sagt Auersperg. Beim Lärchenholz reichten ein bis zwei Bisse, um einen geeigneten Splitter herauszubrechen. Von den Buchenholzzweigen entfernten sie die Blätter und die störenden Seitenäste. Beim Bienenwachs scheiterten die Vögel – aus diesem Material ließ sich einfach kein Stäbchen formen.

Goffin-Kakadus basteln sich ihr Werkzeug aus dem, was gerade da ist© University of Oxford

Gab es nur Pappe als Rohmaterial, war anspruchsvolles Basteln gefragt – für die Vögel aber kein Problem: Zuerst nahmen die Kakadus die Kartonscheibe in die Krallen und führten sie zum Schnabel. Dann bissen sie mehrmals parallel entlang der Seitenkante in den Karton und perforierten ihn so. Anschließend schnitten sie das Stück mit der scharfen Spitze ihres Schnabels entlang der Löcher heraus. Es entstand ein Pappstreifen, der nahezu exakt die benötigte Werkzeuglänge besaß.

Fähigkeit zur Vorausplanung?

„Dass einzelne Kakadus auch aus dem Kartonstück ein Werkzeug fertigen konnten beeindruckte uns am meisten“, sagt Auersperg. „Die Pappe hatte keine spezielle Struktur, sie mussten also die Form selbst festlegen und das Werkzeug eigenständig gestalten.“ Die Goffin-Kakadus überlegten sich demnach nicht nur eine Strategie, wie man aus der Pappe ein Werkzeug bastelt, sondern auch Form und Länge, die sie für die Futterbeschaffung brauchen.

Das Werkzeug aus dem Kartonstück passt genau in Form und Länge, um Futter durch ein kleines Loch in einer Futterbox zu erreichen. © Bene Croy

„Wir wissen noch nicht, ob sich die Vögel ein Objekt vorstellen können, das noch nicht existiert und diesem Bild als Vorlage folgen, um etwas Neues zu bauen“, erklärt Koautor Alex Kacelnik von der University of Oxford. Das müssen nun weitere Tests mit den schlauen Vögeln zeigen. Auch wie gezielt die Kakadus die Länge ihrer Pappstreifen an die Erfordernisse anpassen, wollen die Biologen noch genauer erkunden.

Arten wie der Goffin-Kakadu, der in seinem natürlichen Umfeld keine Werkzeuge nutzt und herstellt, sind für die Verhaltensbiologen besonders aufschlussreich. Denn sie folgen keinen erlernten oder vererbten Mustern, um spezielle Problem zu lösen. Die Goffin-Kakadus, wie andere Papageien, zeichnet jedoch eine hohe Intelligenz aus, sie sind flexibel und leistungsstark. Dadurch können sie spielerisch oder durch Beobachtung leicht dazulernen und dann neue Probleme lösen. (Biology Letters, 2016; doi: 10.1098/rsbl.2016.0689)

(Veterinärmedizinische Universität Wien, 16.11.2016 – NPO)

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