Hohlkugeln als Stromspeicher: Im Bodensee läuft seit gestern der erste Test eines neuartigen Stromspeichers. Bei diesem dienen hohle, im Wasser versenkte Betonkugeln als Speicher. Bei Stromüberschuss werden sie leergepumpt, bei Strombedarf strömt das Wasser zurück und treibt Turbinen an. Im Meer könnte diese Technologie künftig Stromschwankungen von Offshore-Windanlagen ausgleichen helfen.
Strom aus Wind und Sonne hat bisher ein Problem: Die erzeugte Menge schwankt stark und Überschüsse können bisher kaum gespeichert und somit abgepuffert werden. Deshalb arbeiten Forscher daran, neue Speichertechnologien zu schaffen. Eine vielversprechende Lösung vor allem für Offshore-Windanlagen wären verschiedenen Varianten von Unterwasser-Pumpspeichern.
Hohlkugeln am Meeresgrund
„Auf dem Meeresboden installierte Pumpspeicherkraftwerke können in großen Wassertiefen den hohen Wasserdruck nutzen, um mit Hilfe von Hohlkörpern Stromenergie speichern zu können“, erläutert Horst Schmidt-Böcking von der Universität Frankfurt, einer der beiden Erfinder des sogenannten „Meereis“.
Bei diesem Meeres-Pumpspeicher liegen 30 Meter große Hohlkugeln aus Beton am Meeresgrund – beispielsweise der Nordsee. Herrscht Stromüberschuss, wird dieser genutzt, um mit Elektropumpen die Hohlkugeln leerzupumpen. Wird Strom gebraucht, lässt man das Wasser wieder einströmen und der Wasserdruck treibt Turbinen an. Der beim Leerpumpen verwendete Windstrom wird so quasi mit Verzögerung wiedergewonnen.
1:10-Test im Bodensee
Ein erster Test dieses Pumpspeicher-Systems hat nun im Bodensee begonnen – mit einem Modell im Maßstab 1:10. Dafür haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) drei Meter große Beton-Hohlkugeln vor dem Ufer von Überlingen in 100 Meter Tiefe abgelassen. Dort soll das Prinzip des Wasser Auspumpens und Wiedereinströmens nun vier Wochen lang getestet werden.
„Wir werden verschiedene Tests fahren, um Detailfragestellungen zur Konstruktion, der Installation, der Auslegung des Triebstrangs und des elektrischen Systems, der Betriebsführung und Regelung, der Zustandsüberwachung und der dynamischen Modellierung und Simulation des Gesamtsystems zu überprüfen“, erklärt Matthias Puchta vom Fraunhofer IWES.
20 Megawattstunden pro Kugel
Die Ergebnisse des Modellversuches sollen unter anderem zeigen, in welchen Wassertiefen und an welchen Standorten der europäischen Küsten ein Pilotprojekt am besten funktionieren würde. „Sicher ist, dass das Konzept erst ab Wassertiefen von rund 600 bis 800 Metern im Meer wirtschaftlich anwendbar sein wird“, sagt IWES-Bereichsleiter Jochen Bard.
„Es gibt ein großes Potenzial für die Anwendung von Meeres-Pumpspeicher-Systemen in küstennahen Standorten, beispielsweise vor Norwegen, aber auch Spanien, USA und Japan wiesen große Potenziale auf“, erklärt Bard. Nach Schätzungen der Forscher könnte eine Hohlkugel in 700 Metern Tiefe rund 20 Megawattstunden Strom speichern.
„Mit heutiger standardisierter und verfügbarer Technik sehen wir bei der Speicherkapazität von 20 MWh pro Kugel eine weltweite elektrische Gesamtspeicherkapazität von 893.000 MWh“, sagt Bard. “ Damit ließen sich kostengünstig wichtige Ausgleichsbeiträge für die schwankende Erzeugung aus Wind und Sonne leisten.“
(Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES, 09.11.2016 – NPO)