Ungewöhnlicher Gesang: Mäuse erzeugen ihre Ultraschall-Gesänge auf eine einzigartige Weise, wie Forscher entdeckt haben. Denn sie nutzen dafür nicht ihre Stimmbänder, sondern einen fokussierten Luftstrahl ähnlich wie aus einer Düse. Ihre Technik ähnelt damit eher dem pfeifenden Heulen eines Düsentriebwerks oder einer Turbine, als der im Tierreich sonst üblichen Lauterzeugung, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Current Biology“ berichten.
Männliche Mäuse sind echte Sänger: Sie betören ihre Partnerinnen mit komplexen Serenaden, die denen der Singvögel kaum nachstehen. Diese für uns nicht hörbaren Ultraschall-Gesänge sind individuell wie ein akustischer Fingerabdruck – sie verraten Verwandtschaften, Fitness und sogar örtliche Dialekte und „Sprachen“ gibt es dabei.
Überraschende Highspeed-Aufnahmen
Wie jedoch die Mäuse diese Ultraschall-Melodien erzeugen, war bisher unbekannt. Um das herauszufinden, haben nun Elena Mahrt von der Washington State University und ihre Kollegen die Vorgänge im Rachen der Nager erstmals mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitskameras beobachtet. Sie filmten den Kehlkopf und die Stimmbänder der Mäuse dabei mit 100.000 Bildern pro Sekunde.
Dabei zeigte sich Überraschendes: „Wir haben festgestellt, dass die Mäuse den Ultraschall auf eine Weise produzieren, die noch nie zuvor bei einem Tier beobachtet wurde“, sagt Mahrt. Entgegen den Erwartungen blieben die Stimmbänder der Mäuse völlig bewegungslos und still, während sie ihren Ultraschallgesang von sich gaben. Sie konnten daher nicht für die Töne verantwortlich sein.
Düsenartiger Luftstrom
„Stattdessen richten die Mäuse einen schmalen Luftstrahl aus ihrer Luftröhre gegen die innere Wand ihres Kehlkopfes“, berichtet Elemans. „Dies erzeugt das Ultraschallpfeifen.“ Das Ungewöhnliche daran: „Diesen Mechanismus kannte man bisher nur von der Geräuscherzeugung bei Überschall-Strömungen, beispielsweise dem vertikalen Starten und Landen mit Düsentriebwerken“, erklärt Koautor Anurag Agarwal von der University of Cambridge.
Auch bei Turbinen oder Lüftern zur schnellen Kühlung elektrischer Bauteile kann ein Pfeifen auftreten, das durch einen ähnlichen Luftstrom erzeugt wird. Der Schall wird dabei durch Wechselwirkungen des Luftstroms mit der Umgebung produziert. „Die Mäuse nutzen demnach eine sehr komplizierte und raffinierte Technik, um ihre Ultraschall-Gesänge zu erzeugen“, so Agarwal. „Obwohl Mäuse so häufig und intensiv untersucht wurden, haben sie offenbar noch immer einige coole Tricks im Ärmel.“ (Current Biology, 2016; doi: 10.1016/j.cub.2016.08.032)
(University of Southern Denmark, 11.10.2016 – NPO)