Verstecktes Gift: Wer viel Honig und Salat isst und Kräutertees trinkt, der kann auf Dauer gesundheitsschädliche Mengen eines giftigen Pflanzenstoffs aufnehmen – auch hier bei uns in Deutschland. Das hat jetzt eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ergeben. Demnach sind Milch, Eier und Fleisch unbedenklich, aber Blattgemüse, Salate, Honig und bestimmte Tees sind häufiger mit dem Pflanzenstoff verunreinigt. Akut giftig können sogar manche pflanzenbasierte Nahrungsergänzungsmittel sein.
Schon mehrfach in den letzten Jahren warnten Forscher vor giftigen Pflanzenstoffen in Pfefferminztee, Kamillentee und sogar Bio-Kräutertees für Kinder. Dabei handelt es sich um Pyrrolizidinalkaloide, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die viele Pflanzen weltweit zum Schutz vor Fraßfeinden bilden. Leider sind diese Substanzen auch für uns giftig, wenn sie versehentlich in Lebensmittel gelangen.
Drei Arten von Gesundheitsschäden
„Pyrrolyzidinalkaloide verursachen dreierlei Arten von Schäden: Zum einen sind es Schäden an der Lunge, zum anderen sind es Leberschäden und der dritte Komplex ist die krebserregende Wirkung der Pyrrolyzidinalkaloide“, erklärt der Lebensmittelchemiker Alfonso Lampen vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Schädlich ist dabei nicht eine einmalige Aufnahme, sondern eine dauerhafte, schleichende Vergiftung durch verunreinigte Lebensmittel.
BfR-Forscher haben nun erstmals umfassend ermittelt, wie hoch die Belastung mit Pyrrolyzidinalkaloiden für Menschen in Deutschland ist. Dafür analysierten sie Milch, Eier, Fleisch, Früchtetee, Honig, Kräutertee, schwarzer Tee und grüner Tee sowie Gewürze, Mehle und Nahrungsergänzungsmittel und werteten zusätzlich Daten zum Verzehrverhalten der Menschen aus.
In Salat, Honig und Kräutertees
Das Ergebnis: Entwarnung gibt es für Milch, Eier, Fleisch und auch Früchtetees: In diesen Lebensmitteln kommen kaum Pyrrolyzidinalkaloide vor, so dass sie weder bei Kindern noch bei Erwachsenen nennenswert zur PA-Belastung beitragen. Gewürze und Mehl könnten vereinzelt belastet sein, hier fehlten den Forschern aber noch ausreichende Daten, um das Risiko abschätzen zu können.
Eindeutig erhöht ist das Risiko bei Blattsalaten und Blattgemüse wie Spinat: Hier kommt es trotz Kontrollen immer wieder vor, dass durch versehentlich beigemischte Fremdpflanzen Pyrrolyzidinalkaloide enthalten sind. Am höchsten jedoch ist die Belastung durch verunreinigte Kräutertees, schwarzen und grünen Tee sowie Honig. Auch Eistees können erhöhte Mengen von Pyrrolyzidinalkaloiden enthalten, wie die Forscher berichten.
Eine weitere Quelle von giftigen Pyrrolyzidinalkaloide entdeckten die Wissenschaftler bei pflanzenbasierten Nahrungsergänzungsmitteln: In 60 Prozent der untersuchten Proben ließen sich die Alkaloide nachweisen. Teilweise waren sogar akut giftige Mengen dieser Pflanzenstoffe enthalten. Die Forscher raten daher hier zu besonderer Vorsicht.
Was sind die Gesundheitsfolgen?
Was aber bedeutet das konkret? Das Honigbrot, mal ein Glas Eistee oder eine Tasse Tee stellen nach Angaben der Forscher noch kein Gesundheitsrisiko dar: „In Deutschland sind Verbraucher nicht akut gefährdet, weil die in den Lebensmitteln nachgewiesenen Dosen nicht ausreichen, um einen akuten Effekt hervorzurufen“, betont Lampen.
Anders sieht dies einer dauerhaften Aufnahme verunreinigter Tees und anderer Lebensmittel aus: Die Summe der in Lebensmitteln enthaltenen Pyrrolyzidinalkaloide kann sowohl für Kinder als auch für Erwachsene bei längerer Aufnahme gesundheitlich bedenklich sein, so die Einschätzung der Forscher. Der Richtwert von 0,1 Mikrogramm PA pro Kilogramm Körpergewicht und Tag, ab dem chronische Leberschäden und ähnliches möglich sind, werde bei hoher Dauerbelastung überschritten. Für eine krebserregende Wirkung jedoch seien die Dosen selbst bei anhaltender Aufnahme zu gering.
Was kann man tun?
„Wir raten den Verbraucherinnen und Verbrauchern, Vielfalt und Abwechslung walten zu lassen bei der Auswahl der Getränke, aber auch der Honigsorten“, sagt Lampen. Denn immer die gleiche Honigsorte oder den gleichen Tee zu konsumieren könne die Langzeitbelastung erhöhen. Der Wechsel des Getränks oder der Honigsorte „verdünnt“ dagegen das Risiko.
Schwangere und Stillende sollten daher Kräutertees lieber abwechselnd mit anderen Getränken trinken und auch Kinder sollten nicht ausschließlich Kräutertee oder Eistee auf Schwarzteebasis bekommen. „Dann wird die Exposition deutlich gesenkt und Sie können den Tee oder auch den Honig weiter genießen“, so Lampen.
(Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), 30.09.2016 – NPO)