Medizin

Feinstaub: Metallpartikel dringen bis ins Gehirn

Magnetit-Anreicherung könnte Alzheimer und anderer Hirnerkrankungen fördern

Autoabgase setzen auch größere Mengen metallischer Nanopartikel frei - und diese können bis in unser Gehirn gelangen. © yocamon/ iStock.com

Folgenreiche Abgase: Metallpartikel aus dem Feinstaub können bis ins menschliche Gehirn vordringen und sich dort anreichern. Darauf deutet der Fund von Magnetitpartikeln im Gehirn von Toten aus zwei Großstädten hin. Das Besorgniserregende daran: Die Anreicherung solcher Metall-Nanopartikel im Gehirn steht im Verdacht, Alzheimer und andere Hirnschäden zu fördern, wie die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

Feinstaub ist gesundheitsschädlich – daran besteht kaum mehr Zweifel. Die schwebenden Nanopartikel aus Verkehrsabgasen, Schiffsschornsteinen oder anderen Verbrennungsprozessen können chronische Entzündungen und Zellschäden verursachen, aber auch direkt in Zellen von Lunge und Gefäßen eindringen und dort nachhaltige Schäden auslösen. Studien weisen zudem darauf hin, dass Feinstaub-belastete Stadtluft auch dem Gehirn schaden kann.

Magnetit als Alzheimer-Auslöser?

Eine weitere Schadwirkung haben nun Barbara Maher von der University of Lancaster und ihre Kollegen aufgedeckt. Für ihre Studie hatten sie Gehirnproben von 37 Toten untersucht, die zu Lebzeiten in Mexico City und in Manchester wohnten und arbeiteten. Bei ihren Analysen suchten die Forscher gezielt nach Magnetit-Partikeln – winzigen Teilchen eines ferromagnetischen Eisenoxids.

„Die Frage, ob Magnetit im Gehirn präsent ist, ist wichtig“, erklären die Wissenschaftler. „Denn vorhergehende Studien haben gezeigt, dass es eine Korrelation zwischen der Menge von Magnetit im Gehirn und der Alzheimer-Erkrankung gibt.“ Nach gängiger Theorie könnten solche Eisenoxid-Partikel die Bildung der schädlichen Proteinablagerungen fördern. Diese Beta-Amyloid-Plaques wiederum gelten als Mitauslöser für die fortschreitende Zerstörung von Gehirnzellen bei Alzheimer.

Magnetit-Partikel im Gehirngewebe unter dem Elektronenmikroskop - auffallend ist die rundliche Form. © Maher et al.,/ PNAS

Auffällige Häufung rundlicher Metallpartikel

Schon länger ist bekannt, dass von Natur aus kleine Magnetit-Kristalle im Gehirn gebildet werden können. Doch was die Forscher in den 37 Gehirnen der Toten fanden, ging darüber weit hinaus: „Wir haben zwei verschiedenen Arten von Magnetitpartikeln gefunden“, berichten Maher und ihre Kollegen. „Zusammen reicht ihre Konzentration bis zu zwölf Mikrogramm pro Gramm Trockengewicht.“

Das ist deutlich mehr, als normalerweise im Gehirn gebildet wird, wie die Forscher erklären. Zudem war ein Großteil dieser Magnetitpartikel zu rundlich und zu groß, um durch Kristallisation vor Ort entstanden zu sein. Die bis zu 150 Nanometer großen Teilchen müssen stattdessen unter Hitzeeinwirkung bei Verbrennungsprozessen entstanden und dann von außen ins Gehirn gelangt sein.

Aus dem Feinstaub der Stadtluft

Woher aber stammten diese Magnetitpartikel? Und wie waren sie ins Gehirn gelangt? Eine Antwort auf die erste Frage fanden die Forscher anhand vergleichender Analysen: „Diese Magnetitpartikel haben eine bezwingende Ähnlichkeit mit den rundlichen Magnet-Nanopartikeln, die im Feinstaub aus Verbrennungsprozessen allgegenwärtig sind“, konstatieren Maher und ihre Kollegen.

Stimmen überein: Magnetitprtikel aus dem Gehirn der Toten (links) und Magnetite aus dem Feinstaub der Stadtluft. © Maher et al.,/ PNAS

Der aus Fahrzeugabgasen und Schornsteinen freigesetzte Feinstaub enthält große Mengen solcher Eisenoxide, die mit kleinen Anteilen weiterer Metalle vermischt sind. So stammen Platinbeimischungen beispielsweise aus den Katalysatoren von Fahrzeugen – und genau solche Beimischungen fanden die Forscher auch in den Hirnproben ihrer Toten.

Über die Nase ins Gehirn

Nach Ansicht der Forscher liegt es nahe, dass die Toten diese Magnetitpartikel zu Lebzeiten aus der verschmutzen Luft von in Mexico City und Manchester aufgenommen haben müssen. „Ihre Präsenz im Gehirn der Toten belegt, dass eisenhaltige Nanopartikel aus der Außenwelt in das Gehirn gelangen können – wo sie eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen“, so die Forscher

Wie aber schafften es die Magnetitpartikel in das Gehirn der Betroffenen? Immerhin schützt normalerweise die Blut-Hirn-Schranke das Denkorgan vor den meisten „Eindringlingen“ von außen. Doch es gibt gewissermaßen eine „Hintertür“, wie Maher und ihre Kollegen erklären. Studien zeigen, dass Nanopartikel bis zu 200 Nanometern Größe über die Nase und entlang des Riechnervs ins Gehirn gelangen können.

„Mögliche Gesundheitsgefahr“

Sollte sich dies bestätigen, dann könnte Feinstaub nicht nur Lunge, Gefäße und Atemwege schädigen, sondern sogar mit dazu beitragen, Demenzerkrankungen auszulösen. „Die Belastung durch Magnetit-Nanopartikel aus dem Feinstaub sollte als mögliche Gesundheitsgefahr dringend näher untersucht werden“, empfehlen Maher und ihre Kollegen. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2016; doi: 10.1073/pnas.1605941113)

(PNAS, 06.09.2016 – NPO)

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