Evolution

Mehr Blut fürs Gehirn

Erst die bessere Energieversorgung des Gehirns machte unsere Vorfahren schlauer

Dies sind Schädel aus der menschlichen Evolution. Von links nach rechts: Australopithecus afarensis, Homo habilis, Homo ergaster, Homo erectus und Homo neanderthalensis. © Roger Seymour

Bluthungriges Gehirn: Bei unseren Vorfahren nahm im Laufe der Evolution nicht nur die Hirngröße zu, sondern auch die Blutzufuhr des Denkorgans. Sie stieg überproportional stark um
600 Prozent, wie Vergleiche fossiler Schädel zeigen. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass nicht wie bisher gedacht, alleine die Größe des Gehirns ausschlaggebend für die Intelligenz von Lebewesen ist, sondern auch die Energiezufuhr.

Von Vormenschen wie dem Australopithecus über Homo habilis und Homo erectus bis zum modernen Menschen sind das Gehirn und die kognitive Leistung der Menschen stetig gewachsen. Bisher ging man deshalb davon aus, dass erst der Größenzuwachs des Gehirns es unseren Vorfahren möglich machte, auch ihre Intelligenz zu steigern.

Doch Roger Seymour von der University of Adelaide und seine Kollegen haben nun einen weiteren Faktor aufgedeckt, der den Menschen im Laufe der Evolution immer schlauer werden ließ: die Energieversorgung des Gehirns. Denn das Denkorgan hat sich bei uns zu einem der nahrungshungrigsten Organe des Körpers entwickelt. Möglicherweise, so die Hypothese der Forscher, ermöglichte erst eine bessere Blutversorgung des Gehirns die Zunahme der Hirngröße und Intelligenz.

Verräterische Schädellöcher

Für ihre Studie verglichen die Forscher 35 fossile Schädel von zwölf verschiedenen Vor- und Frühmenschenarten. Besonderes Augenmerk legten sie dabei auf die Öffnung in der Schädelbasis, durch die Halsarterien laufen. Über diese Arterien wird das Gehirn mit Blut versorgt. Studien zeigen, dass diese Adern – und damit auch ihre Öffnung im Schädel – umso dicker sind, je mehr Blut hindurchfließt.

Diese Schädel zeigen zwei Öffnungen für die innere Halsschlagader, die das Großhirn fast vollständig versorgen. Die Größere der zwei Öffnungen offenbarte die Menge des Blutflusses zum Gehirn, der im Zusammenhang mit der Stoffwechselaktivität des Gehirns und den kognitiven Fähigkeiten steht. © Roger Seymour

„Bisher waren wir davon ausgegangen, dass unsere Vorfahren die Informationen zu ihren Gehirnaktivitäten mit ins Grab genommen haben“, so Koautor Edward Snelling von der University of the Witwatersrand.

Mehr Blut – mehr Energie – mehr Intelligenz

Der Vergleich der Schädel ergab: Diese Schädellöcher vergrößerten sich im Laufe der drei Millionen Jahre Menschheitsgeschichte überproportional stark. So ist Größe des Gehirns auf 350 Prozent des Ursprungs gewachsen. Die Versorgung des Gehirns mit Blut – ablesbar an der Dicke der Arterien – stieg dagegen auf 600 Prozent an, wie die Forscher berichten.

„Wir gehen davon aus, dass dies dem Gehirn erlaubte mehr Energie zu verbrauchen, die aufgrund des steigenden Energieumsatzes zwischen den Nervenzellen benötigt wurden“, so Seymour. „Das erlaubte es uns komplex zu denken und zu lernen.“ (Royal Society Open Science, 2016; doi: 10.1098/rsos.160305)

(Royal Society Journal Open Science, HDI, 01.09.2016 – HDI)

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