Paläontologie

Dinosaurier sahen rot

Urzeitechsen besaßen Gen für besonders fein aufgespreizte Wahrnehmung von Rottönen

Die Dinosaurier könnten einen sehr feinen Sinn für rote Farbtöne besessen haben - möglicherweise viel feiner als wir. © para827/iStock.com

Tausende Rottöne: Die Dinosaurier konnten nicht nur Farben sehen, sie waren wahrscheinlich auch besonders sensibel für Rottöne, wie Genanalysen nun nahelegen. Ein rotes Ölpigment in ihrer Netzhaut ließen sie weitaus mehr Rottöne unterscheiden als wir Menschen es können. Diese Fähigkeit könnte den urzeitlichen Riesenechsen beispielsweise dabei geholfen haben, die farbenprächtigen Balzsignale ihrer Artgenossen zu sehen.

Bei uns Menschen sorgen drei Sorten von Photorezeptoren in der Netzhaut fürs Farbensehen. Ihre Sehpigmente reagieren auf blauviolett, grün und gelb und erkennen im Zusammenspiel Millionen von Farbtönen. Doch es geht noch besser. So besitzen Bienen beispielsweise die schnellste Farbsicht im Tierreich und viele Tiere können neben dem sichtbaren Licht auch UV-Licht und die Polarisation des Lichts wahrnehmen.

Erweitertes Farbspektrum dank Pigmentöl

Auch Vögel haben einen feineren Farbsinn als wir: Sie tragen ein rotes Pigmentöl in ihrer Netzhaut, das die Wellenlängen des Lichts stärker aufgespreizt als unser Sehpigment. Dadurch können diese Tiere mehr Farbtöne unterscheiden: „Menschen können einige Schattierungen von Rot unterscheiden, darunter Purpur und Scharlachrot“, erklärt Nick Mundy von der University of Cambridge. „Vögel aber sehen noch eine Unmenge an weiteren Rottönen dazwischen.“

Weil Vögel die Nachkommen der Dinosaurier sind, liegt die Frage nahe, ob auch diese schon dieses Pigmentöl besessen haben. Dann allerdings müssten auch andere Reptilien diese gesteigerte Farbsehfähigkeit im roten Bereich zeigen. Doch bisher wurden Forscher weder bei Eidechsen noch bei Schlangen oder Krokodilen fündig. Sie alle besitzen entweder gar keine Pigmentöle, oder aber gelbe und grüne, aber keine roten.

Gen für Rotpigment schon bei den Vorfahren der Dinos

Jetzt jedoch haben Mundy und seine Kollegen bei Schildkröten nach dem Gen für das rote Pigmentöl gesucht – und wurden fündig. Das CYP2J19-Gen sorgt nicht nur dafür, dass die Schildkröten dieses Pigmentöl in ihrer Netzhaut tragen, bei einigen Arten wird es dieses rote Pigment an der Körperoberfläche produziert und färbt sie rot.

Schildkröten besitzen das Gen für erhöhte Rotsicht. Bei dieser Zierschildkröte sorgt das Gen nicht nur für das rote Sehpigment, sondern auch für rote Farbakzente auf dem Panzer. © Nicole Valenzuela

Das Spannende daran: Die Vorfahren der Schildkröten haben sich bereits vor rund 250 Millionen Jahren von den Vorfahren der Dinosaurier und Vögel getrennt. Wenn daher sowohl Vögel als auch Schildkröten dieses Gen tragen, dann legt dies nach Ansicht der Forscher nahe, dass auch die gemeinsamen Vorfahren es bereits besaßen – und dass sie dieses Gen auch an die Dinosaurier weitergegeben haben.

Dinos sahen schon rot

„Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass auch die Dinosaurier ein weites Spektrum an Rottönen wahrnehmen konnten“, sagt Mundy. Das rote Pigmentöl verlieh ihnen wahrscheinlich eine ähnlich feine Farbunterscheidung wie heute den Vögeln und Schildkröten. Diesen Farbsinn könnten die Urzeitechsen beispielsweise eingesetzt haben, um bei der Partnerwahl oder im Rivalenkampf die Färbung ihrer Gegenüber einzuschätzen.

Das könnte erklären, warum viele der Kreidezeit-Saurier ein überraschend buntes Federkleid aufwiesen. Denn von orange-weiß geringelten Schwänzen bis zu farbigen Tupfern war alles dabei, wie Forscher schon vor einigen Jahren anhand von fossilen Pigmentrelikten herausgefunden haben. Dank ihres feinen Sinns fürs Rot konnten die Urzeitechsen dieses Farbenspiel wahrscheinlich bis in die feinsten Nuancen erfassen.

Das Fehlen des Pigments bei Eidechsen und Schlangen passt im Übrigen sehr gut ins Bild. Denn die Vorfahren dieser Reptilien zweigten schon vor den Schildkröten vom Reptilienstammbaum ab – und damit offenbar zu einer Zeit, als diese Tiergruppe das Pigmentgen noch nicht entwickelt hatte, wie die Forscher erklären. Die Krokodile dagegen müssten dieses Gen eigentlich besitzen, sie könnten es aber im Laufe ihrer Evolution nachträglich wieder verloren haben. (Royal Society B: Biological Sciences, 2016; doi: 10.1098/rspb.2016.1208)

(University of Cambridge, 05.08.2016 – NPO)

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