Astronomie

Mysteriöse Strahlenpulse vom Weißen Zwerg

Ungewöhnliches Sternenrelikt gibt Astronomen Rätsel auf

Das Doppelsystem AR SCorpii besteht aus eimem Roten Zwergstern und einem äußerst ungwewöhnlichen Weißen Zwerg © M. Garlick/ University of Warwick/ ESO

Pulsierender Winzling: Astronomen haben einen Weißen Zwerg entdeckt, der sich extrem ungewöhnlich verhält: Er sendet kurze, aber enorm intensive Strahlenpulse auf nahezu allen Wellenlängen aus – bis in den Radiobereich. Damit ist der Weiße Zwerg AR Scorpii ebenso einzigartig wie mysteriös. Denn durch welchen Mechanismus er diese intensive Breitbandstrahlung erzeugt, bleibt vorerst rätselhaft, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Weiße Zwerge sind enorm dicht: Bei einer Größe von etwa der Erde sind sie rund 200.000 Mal so massereich wie unser Planet. Sie entstehen, wenn ein sonnenähnlicher Stern am Ende seines Lebenszyklus in mehreren Ausbrüchen seine äußeren Hüllen ausschleudert. Der Sternenkern kollabiert und bildet den kompakten Weißen Zwerg.

Bisher haben Astronomen schon einige exotische Vertreter dieser Sternenrelikte entdeckt, so einen Weißen Zwerg aus Diamant, einen, der von Planetentrümmern umgeben ist oder zwei sich umkreisende Zwerge, die auf eine Supernova zusteuern.

Weißer Zwerg und Roter Zwerg

Einen weiteren, extrem ungewöhnlichen Vertreter der Weißen Zwerge haben nun Thomas Marsh von der University of Warwick und seine Kollegen entdeckt. Das Sternrelikt liegt 380 Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Scorpius und ist Teil eines Doppelsystems aus ihm und einem kühlen Roten Zwerg. Beide Partner in AR Scorpii umkreisen sich alle 3,6 Stunden und lassen das System in diesem Takt aufleuchten und wieder abdimmen.

„AR Scorpii wurde zwar schon vor über 40 Jahren entdeckt, aber seine wahre Natur war unbekannt, bis wir 2015 begonnen haben, ihn zu beobachten“, berichtet Marsh. „Schon wenige Minuten nach Beginn unserer Messungen wussten wir: Da passiert etwas Außergewöhnliches.“ Die Astronomen hatten das Sternenpaar erstmals in nahezu allen Wellenlängen mit Hilfe einer Reihe von bodengebundenen und weltraumbasierten Teleskopen untersucht.

Verhalten wie ein Neutronenstern

Das überraschende Ergebnis: Der Weiße Zwerg sendet wie ein Leuchtturm alle 1,97 Sekunden einen extrem energiereichen und über nahezu alle Wellenlängen reichenden Strahl elektromagnetischer Strahlung aus. „Diese Pulse sind so intensiv, dass der optische Fluss von AR Scorpii um den Faktor vier ansteigen kann“, berichten die Forscher.

Für einen Neutronenstern wäre dieses Verhalten normal, für einen Weißen Zwerg aber ist es äußerst ungewöhnlich: „Es gibt zwar Theorien, die vorhergesagt haben, das auch Weiße Zwerge ein solches Verhalten zeigen könnten“, erklärt Koautor Boris Gänsicke von der University of Warwick. „Dass wir jetzt genau so ein System entdeckt haben, ist höchst spannend.“

Der Weiße Zwerg in AR Scorpii dreht sich schnell um seine Achse und sendet dabei überraschend breitbandige und intensive Strahlenpulse aus.© ESA/Hubble, L. Calçada/ University of Warwick

Mysteriöse Radiopulse

Noch spannender aber ist eine weitere Beobachtung der Astronomen: Der Weiße Zwerg sendet nicht nur Strahlung vom Röntgen- bis ins Infrarotspektrum aus, er schickt auch Radiopulse ins All. Dies macht AR Scorpii einzigartig und gleichzeitig mysteriös. Denn eine Strahlung über einen so breiten Wellenbereich wurde noch nie zuvor bei einem Weißen Zwerg beobachtet, wie die Forscher berichten.

Eine Strahlung über einen so weiten Frequenzbereich deutet auf Elektronen hin, die in starken Magnetfeldern beschleunigt werden. Demnach muss der Weiße Zwerg nicht nur sehr schnell rotieren, er scheint auch stark magnetisch zu sein. Die Strahlenpulse entstehen, weil seine Magnetfelder Elektronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit bringen und diese dann wie in einem Synchrotron elektromagnetische Strahlung aussenden.

Woher kommen die Elektronen?

Der Ursprung der Elektronen allerdings bleibt ein großes Rätsel. Sie könnten theoretisch in der Nähe des Weißen Zwerg entstehen, aber auch durch direkten Einfluss seines Magnetfelds auf seinem Nachbarstern. Von welchem der beiden Partner die Elektronen stammen und wie sie erzeugt werden, ist unbekannt.

„Der exakte Mechanismus, der in AR Scorpii zum Tragen kommt, ist vielleicht sein mysteriösestes Merkmal“, schließen die Astronomen. (Nature, 2016; doi: 10.1038/nature18620)

(Nature/ Max-Planck-Institut für Astronomie, 29.07.2016 – NPO)

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