Physik

Nutzte Rembrandt optische Hilfsmittel?

Projektionen mit Spiegeln und Linsen halfen dem Maler wahrscheinlich bei seinen Werken

Typisch für Rembrandts Portraits: Starker Hell-Dunkel-Kontrast und viele feine Details in den Gesichtern. © National Gallery of Art, Washington

Raffinierte Technik: Der holländische Maler Rembrandt könnte für seine Selbstportraits mehr als nur Pinsel und Farbe genutzt haben. Denn neuen Erkenntnissen nach erstellten er und einige weitere Künstler seiner Zeit ihre Selbstbildnisse wahrscheinlich mit Hilfe optischer Projektionen – erzeugt mit Linsen und konkaven Spiegeln. Diese Technik könnte auch erklären, warum gerade Rembrandt in seinen Bildern so starke Hell-Dunkel-Kontraste malte.

Der 1606 im niederländischen Leiden geborene Künstler Rembrandt von Rijn gilt als einer der großen Meister realistischer Portraits und Selbstportraits, aber auch als Meister des Chiaroscuro, eines Stils, der sich durch starke Hell-Dunkel-Kontraste in den Bildern auszeichnet. Ungewöhnlich an Rembrandts mindestens 50 Selbstportraits ist auch, dass er sich immer wieder mit verschiedenen Gesten und emotionalen Gesichtsausdrücken darstellte – und das extrem detailliert.

Verräterische Eigenheiten

„Rembrandts Selbstportraits beim Lachen und mit weit offenen Augen hätten eine unglaubliche körperliche Disziplin erfordert, wenn er diese Mimik immer wieder vor dem Spiegel genauso reproduzieren musste, unterbrochen vom Wegschauen und konzentrierten Malen“, erklären die britischen Forscher Francis O’Neill und Sofia Palazzo Corner.

Hinzu kommt eine weitere Auffälligkeit: „Die Augen des Künstlers schauen einen in diesen Bildern nie direkt an, sondern blicken stets ein wenig zur Seite“, so die Forscher. Hätte Rembrandt sein Selbstportrait jedoch durch abwechselnde Blicke in Spiegel und Leinwand gemalt, müssten die Augen direkt aus dem Bild herausschauen – so, wie er es auch beim Blick in den Spiegel gesehen hätte.

Auf Du und Du mit Pionieren der Optik

Eine Erklärung für diese malerischen Eigenheiten liefert nach Ansicht der Forscher eine zu Rembrandts Zeit noch relativ neue Technologie: große optische Linsen und konkave Spiegel. Denn mit ihrer Hilfe könnten Rembrandt und einige seiner Zeitgenossen optische Projektionen erstellt haben – Abbilder ihres Gesichts, die direkt auf die Leinwand oder die Metallplatte für den Kupferstich geworfen wurden.

Zwei Spiegel und eine Projektionsfläche: So könnte Rembrandt seine Selbstportraits gemalt haben. © Francis O'Neill, Sofia Palazzo Corner

Dass Rembrandt durchaus Zugang zu dieser optischen Technologie gehabt haben muss, belegen historische Aufzeichnungen. Demnach waren Linsen im Holland des frühen 17. Jahrhunderts leicht erhältlich – und in Rembrandts Bekanntenkreis besonders verbreitet. So gehörte der Astronom Constantijn Huygens zu den Förderern des Malers und der Mikroskop-Pionier Antoni van Leeuwenhoek lebte im Nachbarhaus.

Konkave Spiegel und ein dunkler Raum

Die Forscher haben mindestens fünf verschiedene Kombinationen von optischen Hilfsmitteln zusammengestellt, die Rembrandt für seine Werke genutzt haben könnte. Im einfachsten Falle kombinierte er einen konkaven und einen flachen Spiegel, die er jeweils zu beiden Seiten von sich aufstellte, und nutzte eine helle Leinwand oder eine reflektierende Metalloberfläche wie bei Kupferstichen üblich als Projektionsfläche.

„Bei solchen Projektionen muss das Gesicht hell beleuchtet sein, während der Raum so dunkel wie möglich bleibt, damit die Projektion sich gut von der Unterlage abhebt“, erklären die Wissenschaftler. Genau dieses Prinzip des Chiaroscuro aber findet sich bei Rembrandt in sehr vielen Gemälden wieder.

Dieses Selbstbild beim Lachen mit aufgerissenen Augen wäre mit herkömmlicher Technik schwer zu realisieren gewesen. © Nationalmuseum Stockholm

Projektion statt Vorzeichnung

Verräterisch auch: Viele von Rembrandts Gemälden tragen keine Spuren von detaillierten Vorzeichnungen oder Übermalungen. „Die offensichtliche Sicherheit, mit der Rembrandt einige seiner Werke produzierte, sind ein Indiz für die Verwendung von Projektionen“, sagen O’Neill und Corner. Denn die Projektion selbst lieferte sozusagen die Vorzeichnung für diese Bilder.

Ein weiterer Hinweis ist die Detailtiefe der Portraits selbst bei sehr kleinen Stichen und Bildern: „Nutzt man nur einen einfachen Spiegel, ist die Entfernung, die man braucht, um mehr als nur das Gesicht darzustellen, zu groß, um viele Details wahrzunehmen“, so die Forscher. Auffallend sei zudem in einigen Bildern des Meisters eine Krümmung der Perspektive und ein Verschwimmen der Details zum Rand hin – ganz ähnlich, wie es bei Projektionen zu sehen ist.

„Durchaus üblich“

„Die Belege sprechen dafür, dass Rembrandt Linsen und Projektionen nutzte“, konstatiert O’Neill. „Die Ähnlichkeit seiner Bilder zu Projektionen, vor allem in der Lichtgebung und dem weichen Fokus, stützen dies ebenso, wie die dokumentierte Nutzung der Linsentechnologie durch seine Zeitgenossen.“ Auch bei anderen Malern dieser Zeit sei es durchaus üblich gewesen, solche Hilfsmittel für ihre Werke zu verwenden.

Einige von Rembrandts Schülern beschrieben später sogar in ihren Aufzeichnungen, wie sich Spiegel, Lochkameras und Ähnliches in der Malerei einsetzen lassen – eine Technik, die sie von ihrem Meister gelernt haben könnten. (Journal of Optics, 2016; doi: 10.1088/2040-8978/18/8/080401)

(IOP Publishing, 18.07.2016 – NPO)

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