Jetzt ist es amtlich: Die irdische Ozonschicht ist definitiv auf dem Wege der Heilung. Das antarktische Ozonloch schrumpft trotz einiger Ausreißer immer weiter und der Gehalt der aggressiven Chlorverbindungen in der Stratosphäre hat abgenommen, wie Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten. Maskiert wird dieser positive Trend allerdings durch Störeinflüsse von Vulkanausbrüchen und durch den Klimawandel – sie können für Jahre mit ungewöhnlich starkem Ozonabbau sorgen.
Die irdische Ozonschicht ist unser wichtigster Schutz vor schädlicher UV-Strahlung. Doch die lange Zeit in Treibgasen enthaltenen Halogenkohlenwasserstoffe transportierten aggressive Chlorverbindungen in die Stratosphäre und setzten dort eine ozonabbauende Kettenreaktion in Gang. Seither bildet sich immer im Frühling, wenn Sonnenlicht auf das Chlor in polaren Stratosphärenwolken trifft, eine Zone stark ausgedünnten Ozons über dem Südpol – das Ozonloch.
Um dem Einhalt zu gebieten, beschloss die internationale Staatengemeinschaft 1987 im Montreal-Protokoll, chlor- und bromhaltige ozonabbauende Substanzen zu verbieten. Allerdings war damals schon klar, dass sich die Ozonschicht wegen der Langlebigkeit der Chlorverbindungen nur mit großer Verzögerung erholen wird.
Seltsame Schwankungen
Tatsächlich schien das antarktische Ozonloch zunächst zwar zu schrumpfen, immer wieder jedoch gab es Jahre, wie zuletzt 2015, in denen der Ozonschwund über dem Südpol schlimmer schien denn je. Zudem scheint der Ozonschwund auch über der Arktis eher zuzunehmen.
Aber warum? Bedeutet dies, dass das Verbot von halogenhaltigen Treibgasen nichts gebracht hat? Oder spielen vielleicht noch andere Faktoren eine Rolle? Susan Solomon vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und ihre Kollegen haben dies nun genauer untersucht. Sie werteten dafür Ballonmessdaten vom Südpol und Satellitendaten der letzten Jahre aus.
Auf dem Wege der Besserung
Das beruhigende Ergebnis: Die Ozonschicht ist auf dem Wege der Besserung. Das belegen die Analysen der atmosphärischen Ereignisse jeweils im August und September, dem Zeitpunkt, an dem das antarktische Ozonloch gerade erst beginnt sich zu bilden. Denn wie die Forscher feststellten, wächst das Ozonloch in den letzten Jahren beträchtlich langsamer als noch im Jahr 2000.
Sie schließen daraus, dass inzwischen deutlich weniger aggressives Chlor in der südpolaren Stratosphäre vorhanden ist als noch vor 15 Jahren. „Wir können einen klaren chemischen Fingerabdruck des Chlorgehalts erkennen – und er spricht für eine Erholung“, erklärt Diane Ivy vom MIT. Lässt man die jährlichen Schwankungen außer Acht, ist das antarktische Ozonloch seit dem Jahr 2000 zudem um rund vier Millionen Kilometer geschrumpft – das entspricht etwa der halben Fläche der USA.
Störfaktor Klimawandel
Wie aber sind die starken Schwankungen des Ozonlochs zu erklären – und der Rekordwert im Jahr 2015? Schon länger ist bekannt, dass bestimmte atmosphärische Bedingungen den Ozonabbau fördern können. Ist es im Frühling in der Stratosphäre besonders kalt, fördert dies die Bildung polarer Stratosphärenwolken und damit der Umgebung, in der das Chlor besonders zerstörerisch wirken kann.
Zuletzt ließ dies im Frühjahr 2016 die Sorge aufkommen, dass erneut ein Rekord-Ozonloch über der Nordhalbkugel aufreißen könnte – glücklicherweise erwärmte sich die Stratosphäre noch rechtzeitig. Schuld an der ungewöhnlichen Kälte in der oberen Atmosphäre ist – auch wenn es paradox klingt – der Klimawandel. Denn er sorgt zwar in Bodennähe für eine Erwärmung, fördert aber gleichzeitig die Bildung kalter Polarwirbel in großer Höhe.
Vulkanausbrüche als Ozonkiller
Im Falle des antarktischen Ozonlochs haben Solomon und ihre Kollegen nun jedoch einen weiteren Akteur ausfindig gemacht: Vulkanausbrüche. Denn sie können Schwebstoffe in die obere Atmosphäre schleudern, die dort als Wolkenkeime wirken und so die Bildung der polaren Stratosphärenwolken fördern – und damit den Ozonabbau.
Wie die Forscher herausfanden, transportierten im Jahr 2015 gleich mehrere kleinere Eruptionen, darunter die des Calbuco in Chile, größere Mengen an Schwebstoffen in die Atmosphäre. Dies sorgte dafür, dass der Ozonabbau in diesem antarktischen Frühjahr stärker ausfiel als gewöhnlich. „Obwohl sich die Ozonschicht insgesamt erholt, gab es daher 2015 ein sehr großes Ozonloch“, erklärt Koautorin Anja Schmidt von der University of Leeds.
Trotz solcher Ausreißer sind sich die Wissenschaftler daher einig, dass die Ozonschicht auf dem besten Wege zur Heilung ist. Bis Mitte des Jahrhunderts, so ihre Prognose, könnte das antarktische Ozonloch ganz verschwinden. „Das Montreal Protokoll ist damit eine echte Erfolgsgeschichte, die eine Lösung für ein globales Umweltproblem gebracht hat“, sagt Schmidt. (Science, 2016; doi: 10.1126/science.aae0061)
(University of Leeds / Massachusetts Institute of Technology, 01.07.2016 – NPO)