Physik

Perfekter freier Fall im All gelungen

ESA-Mission LISA Pathfinder übertrifft alle Erwartungen

Die Raumsonde LISA Pathfinder hat eine Schlüsseltechnologie für künftige Gravitationswellen-Observatorien im All erfolgreich getestet. © ESA/ C.Carreau

Spektakulärer Erfolg: Eine Schlüsseltechnologie für künftige Gravitationswellen-Observatorien im All hat ihre Feuertaufe bestanden – und die Erwartungen sogar weit übertroffen. Die ESA-Sonde LISA Pathfinder hat erstmals Testmassen in einen perfekten freien Fall versetzt, nur beeinflusst von der Gravitation. Die Tests zeigen zudem, dass das Laserinterferometer an Bord sogar weit genauer misst als erhofft – beste Voraussetzungen für das künftige LISA-Observatorium.

Schon Albert Einstein sagte voraus, dass die Interaktion großer Massen im All die Raumzeit in Schwingungen versetzt und so Gravitationswellen verursacht. Der erste Nachweis solcher Wellen – erzeugt von einem Paar verschmelzender Schwarzer Löcher – gelang vor wenigen Monaten durch die Gravitationswellen-Detektoren der LIGO-Kollaboration in den USA.

Doch die irdischen Detektoren können nur einen kleinen Anteil der Gravitationswellen erfassen, sie registrieren nur Wellen mit Frequenzen von zehn bis mehreren tausend Hertz. Niedrigerfrequente Gravitationswellen, wie sie beispielsweise von verschmelzenden massereichen Schwarzen Löchern erzeugt werden, sollen daher künftig von Weltraumobservatorien detektiert werden.

Schlüsseltechnologie im Test

Die LISA Pathfinder Mission der ESA ist ein entscheidender Schritt hin zu einem solchen Observatorium. Die im Dezember 2015 gestartete Sonde kreist um den Lagrangepunkt 1, einen Punkt rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt in Richtung Sonne. In ihrem Inneren trägt die Sonde zwei Boxen mit jeweils einem 46 Millimeter großen Würfel aus einer Gold-Platin-Legierung. Diese dienen als Testmassen.

Ein Laser-interferometer misst die Positionen der beiden goldenen Würfel, die als Testmassen dienen. © ESA/ ATG medialab

Die Aufgabe der Sonde: Beide Testmassen in freien Fall zu versetzen – und das möglichst frei von Störeinflüssen. In ihren Boxen schwebend, sind die Würfel dann im Idealfall nur den Einflüssen der Schwerkraft ausgesetzt – und reagieren dadurch schon auf kleinste Schwankungen der Gravitation. Sie bilden damit das Kernstück kommender Gravitationswellen-Observatorien im Weltraum. Ihre Position und Ausrichtung zueinander und zur Sonde ermittelt ein Laserinterferometer.

„Erwartungen weit übertroffen“

Nach dem offiziellen Messbeginn am 1. März 2016 sind nun die ersten Ergebnisse da – und sie sind spektakulär: „Die Messungen des ersten Laserinterferometers im All sind viel besser als wir erwartet hatten“, sagt Gerhard Heinzel vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. „Wir können den Abstand der beiden frei fallenden Testmassen genauer als den Durchmesser eines einzelnen Atoms bestimmen.“

Die Isolation der beiden Testmassen von äußeren Störkräften ist fünfmal besser als ursprünglich erwartet. Ihre relative Beschleunigung beträgt weniger als ein Teil in zehn Millionen von einem Milliardstel der Erdbeschleunigung, wie die Forscher berichten. Das entspricht der Gewichtskraft eines Virus auf der Erde.

So funktioniert die Mission LISA Pathfinder© ESA

Weg frei für Gravitationswellen-Observatorium im Weltraum

„Mit LISA Pathfinder haben wir den ruhigsten der Menschheit bekannten Ort geschaffen“, sagt Karsten Danzmann, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. „Mit der von LISA Pathfinder erreichten Messgenauigkeit könnte ein Weltraumobservatorium wie LISA die Gravitationswellen von verschmelzenden extrem massereichen schwarzen Löchern in Galaxien im gesamten Universum nachweisen.“

Damit ist bewiesen, dass die Schlüsseltechnologien für das künftige Gravitationswellen-Observatorium LISA funktionieren. Diese soll 2034 ins All starten und wird aus drei Raumsonden bestehen, die jeweils zwei Testmassen wie jetzt getestet an Bord tragen. Sie werden 50 Millionen Kilometer hinter der Erde herfliegend auf gleicher Bahn wie diese um die Sonne kreisen.

(ESA/ MPI für Gravitationsphysik, 07.06.2016 – NPO)

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