Vibrierender Pelz: Forscher haben erstmals herausgefunden, wie Hummeln die schwachen elektrischen Felder von nektarreichen Blüten erkennen. Fliegen sie durch ein elektrisches Feld, beginnen die feinen Haare ihres Pelzes zu vibrieren. Die Bewegung der Haare wiederum regt Nerven an der Basis der Haare zum Feuern an – je stärker das Feld, desto schneller die Signale. Ähnliche Haarsensoren könnten auch anderen Insekten einen Elektrosinn verleihen.
Hummeln finden ihre Blüten nicht nur über Duft oder Farbe – auch elektrische Felder verraten ihnen, wo ein lohnender Nektarvorrat lockt. Untersuchungen zeigen, dass viele nektargefüllte Blüten eine leicht negative Ladung erzeugen. Hummeln erkennen dies und fliegen solche Blüten deutlich häufiger an als weniger stark geladene Blütenstände. Doch womit die pummeligen Bienen diese elektrischen Felder erkennen, blieb bisher unklar.
Hummeln im elektrischen Feld
Gregory Sutton und seine Kollegen von der University of Bristol ist es nun gelungen, das elektrische Geheimnis der Hummeln zu lüften. Sie konnten ihren Verdacht erhärten, dass die zahlreichen Haare am pelzigen Körper der Bienen keineswegs bloß Schmuck oder Wärmebringer sind, sondern für die Wahrnehmung elektrischer Felder eine wichtige Rolle spielen.
Für ihre Studie setzen sie Hummeln schwachen elektrischen Feldern aus. Gleichzeitig registrierten sie mit Hilfe eines Laser-Vibrometers, ob und wie sich die Antennen und die feinen Körperhaare der Insekten unter dem Einfluss dieser Felder bewegen. Durch Ableitung der Nervensignale an der Basis von Haaren und Antennen prüften sie zudem, welche Auslenkungen tatsächlich als Reiz registriert und übertragen wurden.
Vibrierender Pelz
Wie sich zeigte, bewegen sich sowohl Antennen als auch Haare der Hummeln in einem elektrischen Feld. Allerdings fällt diese Reaktion bei den Haaren deutlich stärker und schneller aus: „Ihre Vibrationsgeschwindigkeit ist um eine Größenordnung höher als die der Antennen“, berichte die Forscher. Die Haare beginnen zudem schon bei Spannungen von nur 25 Millivolt zu vibrieren.
„Wir waren begeistert zu entdecken, dass die winzigen Haare der Bienen in Reaktion auf elektrische Felder tanzen“, sagt Sutton. Der Mechanismus ist ähnlich wie der, durch den sich unsere menschlichen Haare aufstellen, wenn wir sie mit einem Luftballon reiben und so elektrisch aufladen. Bei den Hummeln sorgt das Feld dafür, dass die steifen Borsten sich gegenüber ihrer Basis verdrehen und kippen.
Signalfeuer an der Haarbasis
Die Nervenableitungen belegten, dass dieses vibrierende Tanzen ihrer Haare den Hummeln tatsächlich Informationen über das sie umgebende elektrische Feld vermittelt. Denn nur die Auslenkung der Haare löste einen elektrischen Nervenreiz aus – je stärker das elektrische Feld war, desto schneller feuerten die Nerven an der Haarbasis.
Dieser Mechanismus könnte erklären, wie die Hummeln die schwachen Felder der Blüten aufspüren – und wie sie erkennen, ob vor ihnen schon ein Artgenosse zum Abernten da war. Denn beim Flug lädt sich die Hummel leicht positiv auf. Landet sie dann auf einer negativ geladenen Blüte, kommt es zum Ladungsaustauch und das elektrische Feld der Blüte schwächt sich ab. Kommt dann die nächste Hummel angeflogen, erkennt sie am mangelnden Tanz ihrer Haare, dass sich ein Besuch bei dieser Blüte nicht lohnt und fliegt weiter.
„Elektrohaare“ auch bei anderen Insekten?
Doch die Hummeln sind möglicherweise nicht die einzigen Träger solcher „Elektrohaare“. Denn die Nutzung von Borsten als Sinnesorganen ist bei Insekten und Spinnen weit verbreitet. So registrieren viele von ihnen über solche Haare die Position der eigenen Gliedmaßen oder nehmen Schall über die Schwingung der Luft wahr.
Nach Ansicht der Forscher spricht daher einiges dafür, dass auch die Wahrnehmung elektrischer Felder über Haare bei Insekten häufiger vorkommen könnte als bisher angenommen. „Viele Insekten haben ähnliche Körperhaare wie die Hummeln“, sagt Grace. „Das könnte darauf hindeuten, dass auch andere Mitglieder des Insektenreichs sensibel für schwache elektrische Felder sind.“ (Proceedings of National Academy of Sciences (PNAS), 2016; doi: 10.1073/pnas.1601624113)
(University of Bristol/ PNAS, 31.05.2016 – NPO)