Evolution

Duft führt Tabakschwärmer zur besten Blüte

Angeborene Vorliebe sorgt für eine gute Energiebilanz bei der Nektarsuche

Die Länge des Blütenkelchs passt perfekt zur Saugrüssellänge des Tabakschwärmers © Anna Schroll

Perfektes Beispiel für Koevolution: Tabakschwärmer weisen nur nach dem Besuch von bestimmten Tabakpflanzen eine positive Energiebilanz auf. Das zeigt ein Experiment mit den nektarschlürfenden Faltern. Welche Blüte die Anstrengung wert ist, wissen die Insekten instinktiv. Denn die Evolution hat dafür gesorgt, dass sie den Duft dieser Blüten besonders gern mögen, berichten Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“.

Dass die äußerliche Erscheinung verschiedener Bestäuber auffallend zur Blütenform der von ihnen besuchten Pflanzen passt, fiel dem Naturforscher Charles Darwin schon vor mehr als 150 Jahren auf. Er beschrieb die im Laufe von Koevolution entstandene äußere Übereinstimmung von Blüten und Bestäubern als perfektes Ergebnis gegenseitiger Anpassung.

Darwins Beobachtungen inspirierten Wissenschaftler um Alexander Haverkamp vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, die den Tabakschwärmer der Art Manduca sexta erforschen. Sie stellten die Hypothese auf, dass es auch für diesen Bestäuber, der ein relativ breites Spektrum an Blütenpflanzen besucht, eine Blüte geben muss, die am besten zu ihm passt.

Welcher Blütenbesuch lohnt sich?

Ausschlaggebend dafür ist den Forschern zufolge vor allem die Energiebilanz: Je weniger sich der Falter anstrengen muss, um eine ausreichend kalorienhaltige Nektarmahlzeit aus der Blüte zu trinken, desto besser. Um diese Annahme zu überprüfen, testeten Haverkamp und seine Kollegen in einem eigens dafür gebauten Windtunnel die Energiebilanz des Blütenbesuchs.

Dafür bestimmten die Wissenschaftler den von der Motte ausgeatmeten Kohlendioxid-Wert, der in direkter Relation zu ihrem Kalorienverbrauch steht. Außerdem errechneten sie die Konzentrationen der einzelnen Zucker im Blütennektar und damit auch den Kaloriengehalt der in den Experimenten verwendeten Blütenarten. Insgesamt stellten die Forscher den Tabakschwärmern im Windtunnel

sieben Tabakarten der Gattung Nicotiana zur Verfügung, deren Blüten sich im Hinblick auf die Länge der Blütenkelche deutlich unterscheiden.

Vergleichbares Nektarangebot

Auf Grundlage dieser Messungen und Kalkulationen war es möglich, eine Energiebilanz für einen Tabakschwärmer beim Besuch einer Blüte zu errechnen. Auf der Verlustseite stand der Kalorienverbrauch, der in Form des abgegebenen Kohlendioxids gemessen wurde. Die Kalorienaufnahme in Form von Nektar wurde als Energiegewinn gegengerechnet.

Dabei stellte sich heraus, dass alle Tabakarten die Falter mit etwa der gleichen Kalorienmenge pro Blütenbesuch versorgten. Waren die Blüten kleiner und hatten demzufolge weniger Nektar, war dieser jedoch umso konzentrierter. „Das Nektarangebot allein konnte also nicht der Grund dafür sein, dass der Besuch mancher Blüten lohnenswerter war“, erläutert Haverkamp.

Beliebteste Blüte beschert die beste Energiebilanz

Dennoch zeigte sich im Windkanal, dass hungrige Motten nicht auf alle Tabakarten gleich stark reagierten. Ihr Liebling unter den Tabakpflanzen schien Nicotiana alata zu sein. Nur auf die Blüten dieser Pflanzen steuerten die Motten sofort zu, nachdem sie erstmals ihre Witterung aufgenommen hatten.

An diesen Blüten gelang es den Schwärmern auch besonders schnell, mit dem Saugrüssel an den Nektar zu gelangen. Denn die Blütenkelche haben die gleiche Länge wie der Saugrüssel der Tiere. Nur die Besuche dieser Blüten resultierten in einer positiven Energiebilanz, wie die Forscher berichten. An allen anderen Blüten verbrauchten die Schwärmer zu viel Energie, weil sie wegen der zu kurzen oder langen Blütenkelche Probleme hatten, Nektar zu saugen.

Angeborene Duftvorlieben

Doch woher wissen die Tabakschwärmer, welche Blüte die beste ist? Entscheidend ist der Blütenduft, sagen Haverkamp und seine Kollegen. Wie sie berichten, konnten sie im Windkanal mithilfe einer bestimmten Methode auch sichtbar machen, wo sich die Blütendüfte verbreiten und wie konzentriert sie in den jeweiligen Bereichen sind. So ließ sich leicht nachvollziehen, wie die Anwesenheit eines Duftes mit dem Verhalten der fliegenden Motte korreliert.

„Alle Motten in den Experimenten wurden erstmals in ihrem Leben mit einem Blütenduft konfrontiert“, sagen die Wissenschaftler. Demnach müssen die beobachteten Vorlieben angeboren sein. „Darwins Theorie erklärt also nicht nur, warum der Tabakschwärmer einen langen Rüssel hat, um Nektar aus bestimmten Blüten zu saugen. Er mag auch den Duft dieser Blüten mehr als den anderer“, erläutern die Forscher.

„Die Koevolution zwischen Motte und Blüte bedeutet auch, dass die Motte insofern profitiert, dass sie an der passenden Blüte die beste Energiebilanz aufweist“, schließen sie. (Nature Communications, 2016; doi: 10.1038/NCOMMS11644)

(Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, 19.05.2016 – DAL)

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