Medizin

Bei der Darmflora mischen auch die Gene mit

Forscher entdecken Zusammenhang zwischen Genvarianten und Mikrobiom

Welche Bakterien sich in unserem Darm besonders wohlfühlen, das entscheiden auch die Gene mit. © iStock.com

Vererbte Bakteriengesellschaft: Nicht nur die Ernährung und andere Umweltfaktoren bestimmen, welche Mikroben sich in unserem Darm besonders wohlfühlen. Auch die Gene spielen eine Rolle dabei, wie Forscher berichten. Sie konnten zeigen: Bestimmte genetische Unterschiede zwischen zweieiigen Zwillingen spiegeln sich in der Darmflora der Geschwister wider.

Die Bakterienlandschaft im Darm ist bei jedem Menschen verschieden. Im Laufe unseres Lebens bestimmen unter anderem unsere Ernährung und unsere Umwelt, welche Mikroben sich im Darm ansiedeln. Der Grundstein für die Darmflora wird jedoch bereits bei der Geburt gelegt: Die ersten Bakterienspezies, die den Darm eines Neugeborenen besiedeln, stammen aus dem Geburtskanal der Mutter – sie vererbt damit einen Teil ihres Mikrobioms an das Kind.

Doch das Mikrobiom des Darms wird nicht nur durch eine solche direkte Übertragung von Keimen vererbt –auch das Erbgut spielt eine Rolle dabei. Wissenschaftler um Julia Goodrich von der Cornell University haben im Rahmen einer Zwillingsstudie nun Gene entdeckt, die die Darmflora direkt zu beeinflussen scheinen.

Darmfloren von Zwillingen unter der Lupe

Für ihre Untersuchung analysierten die Forscher die Darmfloren von 1.126 Zwillingspaaren, deren Genom bereits für eine sogenannte genomweite Assoziationsstudie untersucht worden war. Goodrich und ihre Kollegen suchten zunächst nach Unterschieden im Mikrobiom der Zwillinge – und versuchten diese dann mit bestimmten genetischen Variationen in Verbindung zu bringen.

Die Idee dahinter: Falls die Gene einen Einfluss auf die Darmflora haben, müsste sich dieser durch Unterschiede im Mikrobiom vor allem bei zweieiigen Zwillingen deutlich zeigen. Dabei gingen die Wissenschaftler davon aus, dass Umweltfaktoren für solche Abweichungen im Darmflora-Profil von Zwillingen kaum eine Rolle spielen dürften: Schließlich wurden sie nicht nur von derselben Mutter geboren, sondern auch gemeinsam – also in einer ähnlichen Umgebung – aufgezogen.

Genetische Zusammenhänge entdeckt

Bei ihren Analysen konnten die Wissenschaftler einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von sogenannten Bifidobakterien und einer bestimmten Genvariante des LCT-Gens feststellen – dieses Gen codiert das Enzym Laktase, welches für die Spaltung von Milchzucker zuständig ist.

Außerdem entdeckten Goddrich und ihre Kollegen unter anderem Verbindungen zwischen der Bakterienfamilie Clostridiaceae und einem Gen für ein Protein, das von den Drüsenzellen im Dünndarm abgesondert wird, sowie der Gattung Blautia und einer Variante des für den Fettstoffwechsel verantwortlichen CD36-Gens.

Noch viele Fragen offen

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Mikroorganismen zwar natürlich aus der Umwelt aufgenommen werden. Doch welche sich im Darm besonders wohlfühlen und dort dominieren, das entscheiden die Gene mit“, sagen die Forscher.

Allerdings lasse die Studie auch noch viele Fragen offen: „Wir haben insgesamt mehr als ein Dutzend Mikroben identifiziert, die offensichtlich vererbt werden – allerdings konnten wir die entsprechenden Unterschiede in der Darmflora der Zwillinge in vielen Fällen noch keinen Genvariationen zuordnen.“ Diese Lücken will das Team nun in künftigen Untersuchungen schließen. (Cell Host & Microbe, 2016; doi: 10.1016/j.chom.2016.04.017)

(Cell Press, 12.05.2016 – DAL)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Kleine Wunderwerke - Die unsichtbare Macht der Mikroben von Idan Ben-Barak

Welt der Bakterien - Die unsichtbaren Beherrscher unseres Planeten

Phänomen Mensch - Körper, Krankheit, Medizin von Andreas Sentker und Frank Wigger

Top-Clicks der Woche