Astronomie

Software-Fehler zerstörte japanischen Röntgensatellit

Hitomis Ausfall ist ein schwerer Verlust für die Röntgenastronomie

Das japanische Röntgenobservatorium Hitomi sollte eine neue Ära der Röntgenastronomie einläuten. © JAXA

Fataler Fehler: Der japanische Röntgensatellit Hitomi wurde Opfer eines Software-Fehlers. Nach seiner Funkstille vor wenigen Wochen führte eine fatale Kette von Ereignissen dazu, dass er immer schneller rotierte. Wie nun bekannt wurde, verhinderte ein falscher Software-Befehl, dass die Korrekturdüsen diese Rotation stoppten. Als Folge rissen wesentliche Teile des Satelliten ab und machten ihn funktionsunfähig.

Es hatte so vielversprechend angefangen: Als Japans Röntgensatellit Hitomi am 17. Februar 2016 in den Orbit startete, galt er als die große Hoffnung der Röntgen-Astronomie. Denn erstmals seit 1999 sollte die Erde mit ihm wieder ein großes Röntgenobservatorium im All besitzen. Doch am 26. März, nach erfolgreicher Testphase im Orbit, blieb das Statussignal von Hitomi plötzlich aus. Wenig später wurden Trümmerteile nahe der Position des Satelliten beobachtet.

Tagelang versuchte die japanische Raumfahrtbehörde JAXA herauszufinden, was mit ihrem Röntgensatelliten falsch lief. Beobachtungen zeigten, dass Hitomi trudelte und sich schnell um seine Achse drehte, statt stabil einen Punkt des Himmels anzupeilen. Zudem war klar, dass das Observatorium mindestens einige größere Teile verloren hatte.

Drei Tage lang zeichnete Hitomi wissenschaftliche Daten auf, dann fiel er in Funkstille. © JAXA

Fatale Kette von Ereignissen

Inzwischen ist klar, dass der rund 250 Millionen Euro teure Röntgensatellit verloren ist. Denn wie Repräsentanten der JAXA berichten, löste offenbar ein fehlerhafter Software-Befehl eine fatale Kaskade von Ereignissen aus, die Hitomi letztlich zerstörten. Es begann mit einem Manöver, dass die Teleskope von Hitomi auf ein neues Ziel richten sollten, die aktive Galaxie Markarian 205.

Weil das Gerät, das die Position über ein Anpeilen von Sternen bestimmt, eine Fehlfunktion hatte, schaltete Hitomi auf die Lagesteuerung durch seine Gyroskope um. Doch diese registrierten irrtümlich, dass sich das Observatorium um seine Achse drehte – was nicht stimmte. Um gegenzusteuern, wurden Reaktionsräder, die nun den Satelliten immer schneller rotieren ließen.

Düsen feuerten in die falsche Richtung

Nun griff schließlich doch eine Sicherheits-Maßnahme: Der Satellit versetzte sich selbst in den „Safe-Mode“, einer Art Ruhezustand, in dem Systemchecks durchgeführt werden. Doch auch das lief nicht nach Plan: Statt seine Kommunikationsantenne dabei zur Erde zu zeigen, wie vorgesehen, blieb der Kontakt weiter abgebrochen. Für die Bodenstation gab es daher keine Möglichkeit, einzugreifen.

Das Subaru-Telekop machte diese Aufnahme von Trümmerteilen des Hitomi-Satelliten. © JAXA

Nach abgeschlossenen Checks fuhr Hitomi wieder hoch und feuerte als Gegenmaßnahme gegen sein Trudeln seine Düsen. Doch weil einige Wochen zuvor ein falscher Befehl hochgeladen worden war, feuerten sie fatalerweise in die falsche Richtung – und beschleunigten die Rotation noch mehr. Das hatte Folgen: Die enorme Fliehkraft riss mindestens fünf größere Teile des Satelliten ab, darunter wahrscheinlich die Sonnensegel und einen für die wissenschaftlichen Messungen wesentlichen Mast.

Drei Tage statt zehn Jahre

Damit ist das Schicksal von Hitomi besiegelt. Verkrüppelt und noch immer ohne Kontakt zur Bodenstation rast der Röntgensatellit nun weiter durch den Orbit, doch seine Aufgabe wird er nicht mehr wahrnehmen. JAXA erklärte am 28. April offiziell das Ende der Mission.

Statt der geplanten zehn Jahre Beobachtungszeit bleiben nun nur die Daten von drei Tagen, an denen Hitomi erste Röntgenmessungen kosmischer Objekte vorgenommen hat. Für die Röntgenastronomie ist dieses Ende von Hitomi ein schwerer Verlust. Denn ein neues Auge im All wird es frühestens 2029 geben, wenn der europäische Satellit Athena in den Orbit startet. Bis dahin jedoch wird es kein größeres Observatorium geben. Auch für die Forscher und Techniker aus mehreren Ländern, die teilweise seit Jahren an den wissenschaftlichen Instrumenten des Observatoriums gearbeitet haben, ist dies in herber Schlag.

(JAXA, nature news, 03.05.2016 – NPO)

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