Die Iberische Halbinsel könnte sich im Verlauf ihrer Entstehungsgeschichte gedreht haben. Darauf deuten zumindest magnetische Signale in Mineralien aus dem Nordwesten Spaniens hin, wie Forscher berichten. Demnach hat das Gestein vor rund 300 Millionen Jahren eine Rotation um nahezu 60 Grad erfahren. Das Resultat dieses Prozesses ist heute noch als Knick im Kantabrischen Gebirge zu sehen.
Die Geographie der Iberischen Halbinsel gibt Wissenschaftlern Rätsel auf. Denn das Kantabrische Gebirge – die Verlängerung der Pyrenäen im Nordwesten Spaniens – weist eine seltsame Krümmung auf. Diese, da sind sich die Experten einig, war nicht von Anfang an da. Der Knick muss sich nach der ursprünglichen Entstehung des Gebirgszuges gebildet haben – doch wie kam er zustande?
Eine mögliche Erklärung geht davon aus, dass sich die Iberische Halbinsel im Laufe ihrer Geschichte gedreht hat. Forscher um den Geologen Javier Fernández-Lozano von der Universität Salamanca haben nun Gestein aus der Provinz Léon im Nordwesten Spaniens untersucht – und tatsächlich Hinweise gefunden, die diese Theorie zu untermauern scheinen.
Kollision zweier Kontinente
Für seine Studie hat das Team 320 Proben vulkanischen Gesteins sowie Kalksteins analysiert, das aus einer Zeit stammt, in der die sich gerade formierende Iberische Halbinsel noch zu dem urzeitlichen Großkontinent Godwana am Rande des Rheischen Ozeans gehörte.
„Sie lagerten sich vor etwa 440 Millionen Jahren auf dem Ozeanboden ab und ihre Bestandteile richteten sich dann nach dem damaligen magnetischen Feld der Erde aus“, erklärt Fernández-Lozano. Die in dem Gestein enthaltenen magnetischen Signale verraten den Forschern daher einiges über die Geschichte der Proben.
Doch in den Mineralien sind noch andere magnetische Signale enthalten – ausgelöst durch eine Veränderung der Richtung des Magnetfelds der Erde. Diese fand den Forschern zufolge etwa 120 Millionen Jahre später durch ein tektonisches Großereignis statt: durch die sogenannte variszische Orogenese. Dabei kollidierten die beiden Ur-Kontinente Godwana und Laurussia, wobei sich der Rheische Ozean schloss und ein neuer Gebirgszug entstand.
Rotation um 60 Grad
Die neuen Magnetmessungen deuten darauf hin, dass das Gestein nach der Kollision der beiden Kontinente seine Position nicht lange beibehalten hat. Kurz nach diesem Ereignis muss das Gestein des Gebirgszuges eine Rotation von fast 60 Grad erfahren haben. Dieser Prozess während der Gebirgsformation, so die Vermutung der Forscher, könnte die gesamte Iberische Halbinsel betroffen haben, die sich zu dem Zeitpunkt immer noch in der Entstehung befand.
„Mithilfe der im Gestein enthaltenen Informationen können wir tektonische Aktivitäten nachweisen und immer besser erklären, wie solche Krümmungen in Gebirgen entstehen“, schließen die Wissenschaftler. (Tectonophysics, 2016; doi: 10.1016/j.tecto.2016.02.019)
(Tectonophysics, 07.03.2016 – DAL)