Auferstanden: Biologen haben vor Westaustralien eine Seeschlangen-Art aufgespürt, die seit 15 Jahren als ausgestorben galt. Zufällig beobachtete ein Park-Ranger Exemplare dieser Art bei der Paarung. Eine zweite extrem bedrohte Seeschlangen-Art fanden Biologen 1.700 Kilometer weiter südlich in einer Seegraswiese. Dies eröffnet nun die Chance, diese gefährdeten, nur in Westaustralien vorkommenden Arten doch noch zu erhalten.
Der Park-Ranger Grant Griffin traute seinen Augen kaum: Als er auf das Wasser des Ningaloo Reef vor der Westküste Australiens hinaus blickte, sah er zwei hellbeige-farbene Schlangen, die einander umschlängelten. Das Ungewöhnliche daran: Die Seeschlangen ähnelten verblüffend der Kurznasigen Seeschlange (Aipysurus apraefrontalis), einer Schlangenart, die zuvor nur im Ashmore Reef im Indischen Ozean vorkam – und die seit 15 Jahren als ausgestorben galt.
Paarung der Totgesagten
Um ganz sicher zu gehen, sandte der Park-Ranger seine Fotos an die Schlangenspezialistin Blanche D’Anastasi von der James Cook University. Und auch diese war erstaunt: „Wir waren völlig platt: Diese potenziell ausgestorbenen Schlangen tummelten sich hier in voller Sicht und noch dazu in einem der Naturerbe-Stätten Australiens, dem Ningaloo Reef“, so die Forscherin.
Noch besser aber war die Botschaft, die im Verhalten der beobachteten Schlangen steckte: Das auffallende Miteinanderschwimmen und einander Umschlängeln gehört zum Paarungsverhalten dieser Seeschlangen. „Dass diese Schlangen einander umwarben, spricht dafür, dass sie Mitglieder einer sich fortpflanzenden Population sind“, erklärt D’Anastasi. Das aber bedeutet, dass von dieser Schlangenart nicht nur Einzeltiere überlebt haben, sondern dass es eine Chance auf längerfristiges Überleben gibt.
1.700 Kilometer südlicher als erwartet
Ähnlich hoffnungsvoll ist eine zweite Entdeckung in der weiter südlich gelegenen Shark Bay Westaustraliens. Dort spürten Biologen eine Population der Blattschuppigen Seeschlange (Aipysurus foliosquam) in einer Seegraswiese auf. Bisher vermutete man die einzige in Australien existierende Population im 1.700 Kilometer nördlich liegenden Ashmore Reef. „Wir haben gedacht, dass diese Art nur in tropischen Korallenriffen vorkommt“, sagt D’Anastasi. „Sie in den Seegraswiesen der Shark Bay zu finden, war daher eine echte Überraschung.“
Nach Angaben der Forscher ist die Entdeckung dieser beiden neuen Populationen beider Seeschlangen-Arten ein Hoffnungsschimmer im ansonsten eher traurigen Kapitel des Artenschutzes. Denn die Zahl der Seeschlangen in Australiens Gewässern geht immer weiter zurück – teilweise wegen der Fischerei, teilweise aber auch aus ungeklärten Gründen, wie die Biologen berichten.
„Jetzt bekommen wir eine weitere Chance, diese beiden in Westaustralien endemischen Schlangenarten zu schützen“, sagt D’Anastasi. „Aber um das zu schaffen, müssen wir nun noch besser ihre Biologie verstehen und auch, wodurch sie gefährdet sind.“ (Biological Conservation, 2015; doi: 10.1016/j.biocon.2015.11.032)
(ARC Centre of Excellence in Coral Reef Studies, 21.12.2015 – NPO)