Kein Sex bei Störlicht: Abendliche Beleuchtung durch Kunstlicht stört die Fortpflanzung der Korallen. Werden sie ein paar Tage vor ihrer spektakulären Massen-Hochzeit abends mit Lampen beleuchtet, geben die Korallen keine Keimzellen ans Wasser ab, wie ein Experiment belegt. Gerade die strandnahen Korallen im Roten Meer könnten demnach durch die vielen hellerleuchteten Hotelanlagen und Orte gefährdet sein, warnen Forscher.
Einmal im Jahr kommt ihre große Zeit: Wie auf Kommando entlassen dann alle Korallen eines Riffs ihre Keimzellen. „Das jährliche Korallen-Laichen im Great Barrier Reef ist ein spektakuläres, genau synchronisiertes Fortpflanzungs-Ereignis“, erklärt Erstautorin Paulina Kaniewska von der University of Queensland. „Veränderungen in Wassertemperatur, Gezeiten, dem Sonnenstand und der Intensität des Mondlichts lösen dann über Nacht das Massenlaichen von hunderten Korallenarten gleichzeitig aus.“
Licht als Zeitgeber
Korallen besitzen zwar keine Augen, mit denen sie die Mondphase sehen könnte, doch ein spezielles Pigment hilft ihnen dabei, die Lichtintensität zu registrieren, wie Forscher vor einigen Jahren herausfanden. Dieses Cryptochrom trägt auch bei uns Menschen dazu bei, unsere innere Uhr mit den Tageszeiten zu synchronisieren. Bei den Korallen gibt es das Signal zur Massenhochzeit.
Doch dieser für das Überleben der Korallenriffe so wichtige Prozess reagiert sensibler auf störende Einflüsse als bisher angenommen, wie Kaniewska und ihre Kollegen feststellten. Für ihre Studie hatten sie Korallen aus dem Great Barrier Reef acht Tage vor deren Laiche ins Labor gebracht und die Korallen dort entweder unter natürlichem Tag-Nacht-Rhythmus gehalten oder unter einem Regime mit abendlichem Störlicht: Von Sonnenuntergang bis Mitternacht wurden die Aquarien von künstlichem Licht erhellt.
Kunstlicht am Abend blockiert Fortpflanzung
Das Ergebnis: Während die im natürlichen Hell-Dunkel-Rhythmus gehaltene Korallen zur gleichen Zeit ihre Keimzellen abgaben wie ihre Artgenossen im Riff, blieb das Laichen bei den unter Störlicht gehaltenen Korallen komplett aus. Genanalysen enthüllten zudem, dass die normalerweise beim Laichen an- oder ausgeschalteten Gene bei den gestörten Korallen unverändert blieben.
„Das deutet darauf hin, dass Lichtverschmutzung durch künstliche Beleuchtung entlang der Küsten eine echte Bedrohung für die Fortpflanzung der Korallen sein kann“, sagt Kaniewska. „Wenn der natürliche Ablauf gestört ist, können die Riffe dies wahrscheinlich ein paar Jahre ausgleichen, aber wir wissen nicht, wie sich dies langfristig auf ihr Überleben auswirkt.“
Gefahr für Riffe im Roten Meer?
Für das riesige, weit vor der australischen Küste liegende Great Barrier Reef sind solche Lichtstörungen zwar weniger relevant. Anders sieht dies aber mit den Korallenriffen beispielsweise im Roten Meer aus. Hier säumen hell beleuchtete Hotelanlagen und Städte die Küste und leuchten bis auf die unmittelbar vor den Stränden liegenden Riffe hinaus.
Nach Ansicht der Forscher ist es wichtig, die küstennahen Riffe so gut wie möglich vor Störlicht zu schützen, um ihre Fortpflanzung nicht zu behindern. Denn wie die Versuche zeigten, reagieren die Korallen überraschend schnell auf Störungen: Ein paar Tage Störlicht vor dem Laichen reichten schon aus, um ihre Fortpflanzung zu blockieren – bisher dachte man, dass der Wechsel der Mondphasen in den gesamten Monaten davor für das Timing entscheidender sind. eLife, 2015; doi: 10.7554/eLife.09991)
(University of Queensland, 16.12.2015 – NPO)