Gehirnjogging im wörtlichen Sinn: Trainieren Mäuse im Laufrad, so verbessert sich ihr Gedächtnis. Das zeigt sich sowohl in ihren kognitiven Leistungen als auch im Gehirn selbst: Im für das Gedächtnis wichtigen Hippocampus bilden sich doppelt so viele neue Nervenzellen wie ohne Jogging, wie Wissenschaftler herausgefunden haben. Körperliche Aktivität könnte daher auch Therapien gegen Demenz und Alzheimer unterstützen.
Sport ist gesund für den Körper, Bewegungsmangel dagegen erhöht das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und sogar Krebs. Durchschnittlich bewegen wir uns jedoch viel zu wenig. Dabei reichen schon mäßiges Herumzappeln oder wenige Minuten umherlaufen als kleiner Beitrag gegen den Mangel an Bewegung. Darüber hinaus hilft die Bewegung nicht nur dem Körper, sondern auch dem Geist: Sport kann Depressionen vorbeugen und sie sogar bekämpfen.
Mäuse-Training im Laufrad
Wissenschaftler um Josef Bischofberger von der Universität Basel haben näher untersucht, welchen Nutzen körperliche Aktivität auf das Gehirn hat – genauer gesagt, auf das Gedächtnis. Dazu verglichen die Forscher Mäuse, die ein Laufrad in ihrem Käfig hatten, mit solchen Tieren, die kein solches Trainingsgerät zur Verfügung hatten.
Neue Gegenstände untersuchen Mäuse ausgiebiger als ihnen bereits bekannte Objekte. Wie lange sie sich mit einem Gegenstand befassen, deutet darum darauf hin, wie gut sie sich daran erinnern. Dies nutzten die Forscher aus, indem sie den Mäusen zwei identische Gegenstände in den Käfig legten. Zu Anfang waren dies schwarze oder weiße Kegel oder Pyramiden. Eineinhalb Stunden später tauschten sie ein Objekt aus, Kegel gegen Pyramide oder umgekehrt. Diesen neuen Gegenstand ersetzten die Forscher nach 24 Stunden durch ein ähnliches Objekt mit anderer Form oder Farbe, oder ein sowohl in Form als auch Farbe neues Objekt.
Mehr neue Nervenzellen durch Lauftraining
Nach der kurzen Zeitspanne von eineinhalb Stunden zeigte sich noch kein Unterschied zwischen den beiden Mäusegruppen. Egal ob Laufrad oder nicht, beide Gruppen konnten die Objekte gut genug unterscheiden, um eines von beiden als neu zu erkennen. Nach 24 Stunden jedoch zeigte sich ein anderes Bild: Die Mäuse mit Lauftraining erkannten auch die ähnlichen Objekte als neu. Der anderen Gruppe gelang dies nur bei den vollständig unterschiedlichen Gegenständen zuverlässig.
Offenbar verbesserte das Laufen das Gedächtnis der Mäuse. An den Gehirnen der Tiere untersuchten die Forscher diesen Effekt genauer. Es stellte sich heraus, dass die trainierten Mäuse in ihrem Hippocampus doppelt so viele Nervenzellen neu gebildet hatten wie die untrainierten. Der Hippocampus ist eine für Kurz- und Langzeitgedächtnis entscheidende Hirnregion. Die neugebildeten Nervenzellen hatten außerdem deutlich längere Fortsätze, mit denen sie Kontakt zu anderen Zellen herstellen und über die sie kommunizieren.
Therapeutisches Laufen für besseres Gedächtnis
In dieser verstärkten Neubildung von Nervenzellen, der sogenannten Neurogenese, sehen die Forscher eine mögliche Ursache für das verbesserte Gedächtnis. Die genaue Funktionsweise der Zellen des Hippocampus wird weiterhin intensiv erforscht. Hier befinden sich jedoch auch die sogenannten Orts- und Rasterzellen, die wichtig für das räumliche Gedächtnis und das Erstellen innerer „Landkarten“ sind. Auch diese Gedächtnisfunktionen verbessern sich durch körperliches Training, wie frühere Studien sowohl in Tierversuchen als auch am Menschen gezeigt haben.
Da das Laufen offenbar die Neurogenese fördert, ist es auch eine attraktive Möglichkeit für therapeutische Zwecke. Tierstudien haben bereits gezeigt, dass körperliche Aktivität die kognitiven Leistungen bei Erkrankungen wie Alzheimer oder bei durch Alkohol verursachten Schädigungen im Mutterleib unterstützt. Auch bei Demenzpatienten könnte die geförderte Neurogenese helfen, die Gedächtnisleistungen zu erhalten und zu verbessern. (Brain Plasticity, 2015; doi: 10.3233/BPL-150010)
(IOS Press, 26.11.2015 – AKR)