Auch wir bekommen die Folgen des Klimawandels zu spüren: Hitze, Hochwasser und Wassermangel könnten bis 2050 in vielen Gebieten Deutschlands zum Problem werden. Wo und wie zeigt nun eine sogenannte Vulnerabilitätsanalyse im Auftrag der Bundesregierung. Sie belegt, dass das Schadenspotenzial des Klimawandels für Natur, Gesellschaft und Wirtschaft in Deutschland steigen wird – aber je nach Region ganz unterschiedlich.
Ob Hitzewelle, Starkregen oder Rekorddürre: Die Folgen des Klimawandels sind längst auch bei uns angekommen – und das sowohl klimatisch als auch indirekt über das Angebot in den Supermärkten. Wie anfällig jedoch die verschiedenen Länder und Regionen auf diese Klimafolgen reagieren, ist ganz unterschiedlich.
Wo ist Deutschland besonders verwundbar?
Um die Folgen für Deutschland abzuschätzen, haben daher Forscher aus 16 Bundesbehörden und –institutionen eine sogenannte Vulnerabilitätsanalyse durchgeführt. Sie beantwortet die Frage, wo ein Land oder eine Region besonders verwundbar gegenüber dem Klimawandel ist – sowohl räumlich als auch thematisch. „Dabei wurden erstmals für Deutschland auch sozioökonomische Szenarien wie Veränderung der Landnutzung, ökonomische und demographische Entwicklung betrachtet“, sagt Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA).
Für ihre Studie untersuchten die Forscher die zu erwartenden Veränderungen in der nahen Zukunft bis 2050 und in der fernen Zukunft bis 2100. Sie gingen dabei sowohl von einem gemäßigten Szenario mit moderatem Klimawandel und geringen sozioökonomischen Veränderungen aus, als auch von einem Szenario mit stärkerem Wandel. Ihr Fazit: Selbst für den Fall eines schwachen Klimawandels ist – wie bereits heute messbar – mit Beeinträchtigungen zu rechnen, ein starker Klimawandel kann ganz erhebliche Gefährdungen mit sich bringen.
Hitzeschäden und Kühlwassermangel
Die Prognosen im Einzelnen: Insgesamt könnten die Jahresmittel-Temperaturen in Deutschland bis 2050 um 0,5 Grad und mehr zunehmen. Im Sommer werden dabei vor allem die Küstengebiete und der Süden Deutschlands deutlich wärmer werden, so der Bericht. Hinzu kommt, dass sich Regionen mit einem überdurchschnittlich warmen Klima, wie schon jetzt das Oberrheintal und die Gegenden um Berlin und Frankfurt am Main, im Zuge des Klimawandels räumlich ausdehnen werden.
Gerade in den Ballungsräumen in Westdeutschland und in Berlin werden sich auch die Hitzewellen künftig häufen. Bis zur Mitte des Jahrhunderts könnte dort die Anzahl der Tage mit über 30 Grad pro Jahr von acht bis zwölf auf 15 bis 25 Tage ansteigen, so die Prognose. Als Folge muss in den Städten mit Gesundheitsproblemen, aber auch mit Hitzeschäden an Straßen und Bahnanalgen gerechnet werden, wie die Forscher berichten. Ebenfalls potenziell gefährdet ist die Kühlwasserversorgung von Kraftwerken.
Gestörter Warenverkehr und beschädigte Infrastruktur
Vermehrte Klimafolgen gibt es auch bei den Niederschlägen. Insgesamt wird sich die Regenmenge bis 2050 zwar nur wenig verändern, wie die Forscher berichten. Doch in den ohnehin schon trockenen Gebieten in Ostdeutschland verstärkt die Erwärmung die Situation noch. „Dies wird vor allem die Wasser-, Land- und Forstwirtschaft beeinträchtigen“, so die Prognose. Ernteeinbußen und Trockenstress für den Wald sind zu erwartende Auswirkungen.
Noch gravierender sind die Folgen von Starkregen und Überschwemmungen: Der Prognose nach wird es vor allem in norddeutschen Tiefland zu mehr Flusshochwasser kommen, Süddeutschland ist dagegen durch Starkregen besonders bedroht. „Auswirkungen sind etwa die potenzielle Überschwemmung und Unterspülung von Straßen und Schieneninfrastrukturen, die Beeinträchtigung des landgestützten Warenverkehrs, Schäden an Gebäuden und Infrastruktur durch Sturzfluten oder auch Beeinträchtigungen des Kanalnetzes und von Kläranlagen“, so die Forscher.
Ländliche Gebiete bekommen mehr Probleme
Der Bericht zeigt auch, welche Regionen die größte Chance haben, den Klimafolgen zu entgegnen: „Eine hohe Anpassungskapazität kann dazu beitragen, die Vulnerabilität einer Region trotz starker Klimawirkungen abzumildern“, erklären die Forscher. So sind die Ballungsräume zwar stärker von den Folgen des Klimawandels betroffen. Gleichzeitig aber verfügen sie dank ihrer relativ hohen Wirtschaftskraft und einer günstigen Bevölkerungsstruktur über eine vergleichsweise hohe Anpassungskapazität.
Anders sieht es dagegen in ländlichen, eher strukturschwachen Gebieten aus: Hier sind die Voraussetzungen deutlich schlechter, um sich auf die kommenden Klimafolgen vorzubereiten oder ihre Folgen abzupuffern. „Die Ergebnisse zeigen, was uns verletzlich macht, worauf wir uns vorbereiten müssen, welche Regionen besonders betroffen sein werden“, sagt Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA).
Am besten wäre es allerdings, wenn zumindest das Szenario des starken Wandels gar nicht erst eintreten müsste. „Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Klimakonferenz und den aktuellen Warnungen über die möglichen Folgen der Klimaänderung wird deutlich, dass wir bis 2050 nicht nur die Dekarbonisierung erreichen, sondern Deutschland auch klimasicher machen müssen“, kommentierte die parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter die Ergebnisse.
(Umweltbundesamt/ Deutscher Wetterdienst, 25.11.2015 – NPO)