Tiefgreifende Folgen: Einsamkeit schlägt nicht nur auf die Stimmung, sie hemmt auch unsere Immunabwehr. Forscher haben herausgefunden, dass sich bei einsamen Menschen die Genaktivität in bestimmten Abwehrzellen deutlich verändert. Es werden Gene aktiver, die Entzündungen fördern und die die Abwehr gegenüber Viren schwächen. Das wiederum erklärt, warum einsame Menschen häufiger krank werden und früher sterben, berichten die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Wer sich einsam fühlt, dem geht es selten gut. Die soziale Isolation drückt nicht nur auf die Stimmung, einsame Menschen schlafen schlechter, stehen unter Stress und werden eher krank. Möglicherweise trägt die Einsamkeit sogar dazu bei, dass wir körperlich schneller altern, wie kürzlich eine Studie an Papageien nahelegte. Die molekularen Gründe dafür, dass einsame Menschen häufiger unter chronischen Krankheiten leiden und früher sterben, waren bisher jedoch kaum untersucht.
Einsamkeit verändert weiße Blutkörperchen
Was die Einsamkeit in unserem Zellstoffwechsel und mit unseren Genen anrichtet, haben nun Steven Cole von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen genauer untersucht. Sie verglichen dafür die Genaktivität in den Abwehrzellen von 141 menschlichen Probanden mit unterschiedlich stark ausgeprägter Einsamkeit. In einem weiteren Test führten sie vergleichende Genanalysen bei 27 Rhesusaffen durch, von denen einige in Isolation gehalten worden waren.
Das Ergebnis: Einsamkeit führt sowohl beim Menschen als auch bei Rhesusaffen zu Veränderungen im Immunsystem – und diese lassen sich bis auf die Eben der Genaktivität zurückverfolgen. Wie die Forscher feststellten, werden bei sozialer Isolation in den weißen Blutkörperchen Gene aktiv, die einerseits Entzündungen fördern, andererseits aber die Abwehr von Viren schwächen. Gleichzeitig nimmt eine Gruppe von unreifen Abwehrzellen stark zu, in denen diese Gene besonders stark aktiviert sind.
Mehr Entzündungen, sensibler gegenüber Viren
„Zusammen sprechen diese Ergebnisse dafür, dass das chronische Gefühl der sozialen Isolation beim einsamen Personen zur Häufung von entzündungsaffinen und in ihrer Virenabwehr beeinträchtigten Leukozyten führt“, berichten Cole und seine Kollegen. Interessanterweise lassen sich diese Veränderungen sogar noch ein Jahr nach einer einsamen Phase nachweisen – sie sind also relativ langanhaltend.
Das aber bleibt nicht ohne Folgen: Durch diese Veränderungen im Zellstoffwechsel und Immunsystem steigt die Anfälligkeit für chronische Entzündungen – und dazu gehören beispielsweise auch Gefäßerkrankungen, die Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen können. In den Versuchen mit Rhesusaffen zeigte sich zudem, dass sich die Affenvariante des HI-Virus in einsamen Tieren schneller vermehrte als in Affen ohne diese Veränderungen in der Genexpression.
Die Ergebnisse könnten sogar erklären, warum selbst die körpereigenen oder als Arznei verabreichten Glucocorticoide bei einsamen Menschen schlechter gegen Entzündungen wirken: Wie die Forscher feststellten, führt die veränderte Genaktivität bei diesen Menschen auch dazu, dass einige Zellen unempfindlicher auf diese entzündungshemmenden Wirkstoffe reagieren. (Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2ß015; doi: 10.1073/pnas.1514249112)
(PNAS, 24.11.2015 – NPO)