Verblüffend eisfrei: Obwohl Pinguine ständig zwischen eiskaltem Wasser und frostiger Luft wechseln, bildet sich auf ihrem Federkleid nie Eis. Warum das so ist, haben nun US-Forscher aufgeklärt. Winzige Poren auf der Federoberfläche sorgen demnach zusammen mit einem wasserabweisenden Talg dafür, dass Wasser abperlt, bevor es festfrieren kann. Das Prinzip dieses Pinguin-Frostschutzes könnte eines Tages auch Flugzeuge eisfrei halten, meinen die Wissenschaftler.
Pinguine sind in gleich mehrerer Hinsicht außergewöhnlich: Sie können nicht fliegen, wohl aber hervorragend schwimmen, ihnen fehlen drei von fünf Geschmackssinnen und sie leben in der kältesten Region der Erde. Kaiserpinguine suchen sich sogar ausgerechnet die Südpolarnacht aus, um ihre Jungen auszubrüten und aufzuziehen – schrumpft das Eis, ist ihr Überleben bedroht.
Dem Ingenieur Pirouz Kavehpour von der University of California in Los Angeles fiel beim Anschauen einer Naturdokumentation über die Pinguine noch etwas Ungewöhnliches auf: „Ich beobachtete, wie die Pinguine aus dem sehr kalten Wasser kamen und in der Kälte herumsaßen. Aber seltsamerweise bildete sich auf ihren Federn kein Eis.“ Neugierig geworden, fragte Kavehpour bei der Pinguinforscherin Judy St. Leger nach. Und auch sie bestätigte: Eine Eisbildung auf dem Federkleid der Pinguine hatte bisher noch niemand gesehen.
Nanoporen und ein öliger Talg
Aber warum? Um das aufzuklären, untersuchten die Forscher einige Federn des Eselspinguins unter dem Raster-Elektronenmikroskop. Dabei zeigte sich, dass die Federn winzige Poren besaßen, die Luft einschlossen und wie eine wasserabweisende Nanostruktur wirken. Der ölige Talg, mit dem die Pinguine ihre Federn pflegen, verstärkt diesen Effekt noch und macht die Pinguinfedern superhydrophob, wie die Forscher berichten.
Das Federkleid der Pinguine ist damit gleich auf doppelte Weise gegen die Eisbildung geschützt: Zum einen verhindert das Öl, dass die Federn durchnässt werden und ihre wärmeisolierende Wirkung verlieren. Zum anderen sorgen die Nanoporen dafür, dass Wassertropfen wie beim Lotuseffekt abperlen – und das hemmt auch die Eisbildung. Wie das funktioniert, haben Kavehpour und seine Kollegen nun auf einer Physik-Konferenz zur Fluiddynamik in Boston vorgestellt.
Kleine Kontaktfläche verhindert den Wärmeaustausch
Das Prinzip dahinter: Die kugelförmige Geometrie des Tropfens und die geringe Berührungsfläche mit dem Untergrund erschweren den Wärmeaustausch. Das Wasser kühlt dadurch nicht genügend ab, um die Kristallisation in Gang zu setzen. „Das ist wie beim Straßenverkehr“, erklärt Kavehpour: Wenn es von der Autobahn in eine enge Straße geht, staut sich der Verkehr auf – und genauso ist es mit der Hitze, die vom Inneren des Tropfens durch die enge Kontaktstelle mit der Feder diffundieren soll.“
Als Folge perlt der Wassertropfen vom Federkleid des Pinguins ab, bevor er zu Eis gefrieren kann. Interessanterweise besitzt zwar der in der Antarktis lebende Eselspinguin diese ausgeprägten Frostschutzfedern, nicht aber der Magellan-Pinguin, der im wärmeren Patagonien vorkommt: Dessen Federn besitzen keine Nanoporen auf ihrer Oberfläche und auch der Talg hat eine andere Zusammensetzung, wie die Forscher berichten.
Pinguin-Frostschutz für Flugzeuge?
Nach Ansicht von Kavehpour könnte es sich lohnen, sich von dem Frostschutz-System der Pinguine etwas abzugucken. Denn ähnliche Strukturen könnten beispielsweise dazu beitragen, die Tragflächen und andere Teile von Flugzeugen im Winter eisfrei zu halten. Bisher müssen Flugzeuge dafür vor jedem Start zeitaufwändig durch Besprühen enteist werden. Das jedoch führt oft zu Verspätungen und die Wirkung hält nicht lange an.
Möglicherweise wäre dies überflüssig, wenn man den Flugzeugen eine Oberfläche nach Vorbild der Pinguinfedern verpasst. „Es wäre allerdings schon eine Ironie des Schicksals, wenn ausgerechnet ein Vogel, der nicht fliegen kann, eines Tages Flugzeugen zu einem sicheren Flug verhilft“, meint Kavehpour.
(American Institute of Physics (AIP), 23.11.2015 – NPO)