Eine 180 Meter hohe Wasserschicht: Würde man alles Grundwasser auf einmal hochpumpen, wäre die Erde ein Wasserplanet. Doch von dieser gigantischen Menge sind nur sechs Prozent weniger als 50 Jahre alt und damit sozusagen „nachwachsend“. Das zeigt die erste globale Kartierung des Grundwassers der Erde. Damit ist das unterirdische Nass eine begrenzte und zudem noch ziemlich ungleichmäßig verteilte Ressource, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“ berichten.
Das Grundwasser ist eine der wichtigsten Wasserressourcen auf unserem Planeten. Doch dieser Vorrat ist nicht unendlich: Ein Großteil des Grundwassers ist fossiles Grundwasser und damit Wasser, dass schon vor Millionen Jahren in den Untergrund gelangte. Dies aber bedeutet, dass es so schnell nicht nachgefüllt werden kann. Der steigende Wasserbedarf von Landwirtschaft, Industrie und Städten sorgt jedoch dafür, dass immer mehr von dem kostbaren Nass aus dem Untergrund gepumpt wird.
„Wir wissen bereits, dass die Pegel in vielen Aquiferen fallen“, sagt Tom Gleeson von der University of Victoria in Kanada. „Wir nutzen unser Grundwasser zu schnell – schneller als es sich erneuern kann.“ Erst kürzlich schätzten Forscher, dass rund ein Drittel aller Grundwasserreservoire bereits übernutzt sind. Umso wichtiger ist es, genau zu wissen, wie viel Grundwasser nachhaltig entnommen werden kann.
Wie viel „modernes“ Grundwasser gibt es?
Aber bisher war unklar, wie viel „modernes“ Grundwasser es auf der Erde gibt – Grundwasser, das erst in den letzten 50 Jahren gebildet wurde und damit eine sich potenziell erneuernde Ressource ist. Gleeson und seine Kollegen haben dies nun mit Hilfe von mehreren Methoden ermittelt. Zum einen nutzten sie mehr als 3.700 Messungen von Tritium im Grundwasser von 55 Ländern und Regionen.
Weil dieses radioaktive Spurenelement in den 1950er Jahren durch die Atombombentests in größeren Mengen in die Atmosphäre gelangte und seither langsam abnahm, verrät seine Konzentration im Grundwasser, wann dieses unter die Erde sickerte. Zusätzlich nutzten die Forscher geologische Daten von mehr als 900.000 Wasserscheiden, um mit Hilfe von Computermodellen die Verteilung und Menge des Grundwassers in verschiedenen Regionen der Erde zu berechnen.
Nur sechs Prozent sind erneuerbar
Ihr Ergebnis: Prinzipiell besitzt unser Planet einen gigantischen Grundwasservorrat: In den oberen zwei Kilometern der Erdkruste gibt es 22,6 Millionen Kubikkilometer Wasser. „Wenn man dieses nach oben pumpen würde, wäre das genug um die gesamte Erdoberfläche 180 Meter hoch mit Wasser zu überdecken“, erklären die Forscher. „Damit ist Grundwasser eine Ressource, die alle anderen Wasserquellen auf unserem Planeten weit übertrifft.“
Dummerweise jedoch ist von diesem Wasservorrat nur ein kleiner Teil für uns erreichbar und nutzbar – und ein noch kleinerer Teil erneuert sich zu unseren Lebzeiten. Wie Gleeson und seine Kollegen ermittelten, macht dieses moderne Grundwasser nur 0,35 Millionen Kubikkilometer und damit sechs Prozent des gesamten Vorrats aus. Würde man diese Ressource auf der Erdoberfläche verteilen, ergäbe sich nur eine drei Meter hoch Wasserschicht.
Immerhin: Das ist immer noch mehr, als in Form von Wasserdampf in der Atmosphäre, als Eis in den Gletschern oder in den Oberflächengewässern der Erde gespeichert ist. „Das moderne Grundwasser übertrifft alle andern Komponenten des Wasserkreislaufs“, erklären die Forscher.
Ungleich verteilt
Allerdings ist dieses potenziell erneuerbare Grundwasser leider nicht gleichmäßig verteilt. Die von den Forschern erstellten Verteilungskarten zeigen, dass der größte Teil des modernen Grundwassers in den Tropen und in Gebirgsregionen liegt. So finden sich einige der größten Vorkommen im Amazonasbecken, im Kongo, in Indonesien sowie entlang der Rocky Mountains in Nordamerika und der Kordilleren in Südamerika. Wenig überraschend sind die Sahara und andere Wüstengebiete dagegen arm an diesem geologisch jungen Grundwasser.
„Das Grundwasser, das innerhalb der menschlichen Lebenszeit von 25 bis 100 Jahren erneuert wird, ist eine endliche, begrenzte Ressource mit einer räumlich sehr heterogenen Verteilung“, fassen die Wissenschaftler zusammen. Zu wissen, wo wie viel davon vorliegt, sei daher entscheidend. Denn nur dann kann man voraussagen, wo es und wann das Grundwasser knapp werden wird, aber auch, wo es besonders in Gefahr ist, verunreinigt zu werden. (Nature Geoscience, 2015; doi: 10.1038/ngeo2590)
(University of Victoria/ Nature, 17.11.2015 – NPO)