Verdacht bestätigt: Der Tyrannosaurus rex schreckte offenbar auch vor Artgenossen als Futter nicht zurück. Ein fossiles Beweisstück für diesen Kannibalismus haben US-Forscher nun entdeckt: Es legt nahe, dass dort ein Tyrannosaurier an einem anderen genagt hat. Dieser Räuber muss ein wahrer Gigant gewesen sein – und ein anderer Täter kommt am Ort des Geschehens nicht in Frage, meinen die Paläontologen.
Im Verdacht stand der König der Raubsaurier bereits, nun haben Paläontologen ein konkretes Beweisstück für den Kannibalismus bei Tyrannosaurus rex entdeckt: Sie fanden charakteristische Zahnspuren an einem T. rex-Knochen, die nahelegen, dass ein Artgenosse einst an ihm genagt hat. Andere Raubsaurier kommen kaum als Täter in Frage, da es Funden zufolge vor etwa 65 Millionen Jahren am Ort des Geschehens wohl nur Tyrannosaurier gab.
Der Tyrannosaurus rex genießt besonderen Respekt unter den Dinosauriern: Der wahrscheinlich größte Fleischfresser der Kreidezeit gilt oft als wahre Jagd- und Mordmaschine. Über seine genauen Ernährungsgewohnheiten spekulieren Forscher jedoch: Fraß der Raubsaurier bevorzugt Jungtiere und möglicherweise gar Artgenossen?
Tiefe Nagespuren im Knochen
Bereits Anfang dieses Jahres berichteten Paläontologen über Hinweise von Kannibalismus bei Raubsauriern. Bei dem Fossil mit Fraßspuren handelte es sich allerdings nicht um einen T. rex sondern um einen Daspletosaurus – einem kleineren Vertreter aus der Familie der Tyrannosauridae. Nun konzentriert sich der Blick der Forscher auf dessen berühmt-berüchtigten Cousin – den über zwölf Meter langen und bis zu etwa sieben Tonnen schweren T. rex.
„Als wir in der Lance Formation in Wyoming nach Dinosaurierfossilien suchten, fand einer unserer Mitarbeiter einen Tyrannosaurier-Knochen, der von tiefen Rillen bedeckt war“, berichtet Matthew McLain von der Loma Linda University in California. Diesen spannenden Fund nahmen die Paläontologen anschließend genau unter die Lupe. Es zeigte sich, dass die Spuren eindeutig von einem Tier verursacht worden waren, das einst das Fleisch von dem Knochen abgenagt hat.
Eine Rille war dabei besonders aufschlussreich, berichten die Forscher: Sie war entstanden, als der Verursacher seinen Kopf beim Fressen zur Seite gedreht hatte. So hatten sich die Kantenstrukturen der Zähne abgezeichnet: Sie waren gezackt. Dies schloss den Paläontologen zufolge einen krokodilartigen Verursacher aus.
Gezackte Zähne eines Giganten
Die Abstände zwischen den Zacken an den Zähnen ließen wiederum Rückschlüsse auf die Größe des Verursachers zu. Fazit: Es muss ein Gigant gewesen sein – in Frage kommt dabei nur ein Tyrannosaurier, sagen die Forscher. Bisher wurden in der Lance Formation nur Überreste von T. rex beziehungsweise von dem mysteriösen Nanotyrannus lancensis gefunden. Ob dieser Tyrannosaurier wirklich eine eigene Art darstellt, ist allerdings umstritten: Es gibt sowohl Hinweise darauf, dass es sich um eine kleinere Unterart von T. rex gehandelt hat, als auch, dass es schlicht seine Jungtiere waren.
Wer einst an dem Knochen genagt hat, scheint damit zumindest auf zwei Möglichkeiten reduziert. Was der Knochen allerdings nicht aufklären kann ist, ob es sich nur um kannibalistische Aas-Fresserei gehandelt hat oder ob der Besitzer des Knochens zuvor auch von einem Artgenossen umgebracht worden war. Mit anderen Worten: Ein spektakulärer Kampf der Giganten kann stattgefunden haben – muss aber nicht.
(Geological Society of America, 30.10.2015 – MVI)