Spanferkel fürs Fest und Milch für die Rituale: Die Erbauer von Stonehenge hatten bereits ein überraschend gut organisiertes „Catering“, wie Analysen von Knochen und Essenrückständen in Keramikgefäßen belegen. Demnach brachten Besucher Schweine und andere Tiere von weither mit, um sie dann gemeinschaftlich bei großen Festen zu verspeisen. Milchprodukte waren dagegen für Priester und Rituale reserviert: Sie finden sich nur an den Zeremonialstätten.
Schon vor mehr als 5.000 Jahren dienten Stonehenge und die Monumente in seiner Umgebung als Ort der Feste, Rituale und möglicherweise der astronomischen Beobachtungen. Archäologen vermuten, dass Menschen von weither kamen, um an diesem Zeremonialplatz und im benachbarten Durrington Walls zu feiern. Wie diese Feiern jedoch abliefen und was dabei gegessen wurde, blieb unbekannt.
Essensrückstände und Knochen
Jetzt jedoch haben Oliver Craig von der University of York und seine Kollegen neue Einblicke in die kulinarischen Gewohnheiten der Stonehenge-Erbauer gewonnen. Für ihre Studie hatten die Archäologen Tierknochen und Essenrückstände in hunderten von Tongefäß-Fragmenten analysiert, die in Durrington Walls und Umgebung gefunden wurden. Aus ihnen konnten sie rekonstruieren, was die Steinzeit-Menschen aßen.
„Dies hat uns fantastischen Einblick in die großangelegten Feste gegeben, die die Erbauer von Stonehenge feierten“, sagt Projektleiter Mike Pearson vom University College London. Und es förderte Überraschendes zutage. Denn die Steinzeit-Menschen hatten ein für damalige Zeit überraschend organisiertes „Catering“.
Schweinefleisch für die Massenfeste
In den Gebieten, in denen die Besucher wohnten und lagerten, wurde vorwiegend Fleisch gegessen. Die meist nahezu kompletten Tierskelette deuten darauf hin, dass die Tiere lebend nach Stonehenge und Durrington Walls gebracht und dann massenweise vor Ort geschlachtet wurden, meisten handelte es sich um Schweine. Das Alter der Schweine zum Zeitpunkt ihres Todes spricht zudem dafür, dass die meisten dieser Massenschlachtungen im Frühjahr und Herbst stattfanden – passend zu den großen Festen.
„Tiere wurden aus ganz Großbritannien hergebracht, um in gewaltigen Open-Air-Barbecues über dem Feuer geröstet und auch gekocht zu werden“, berichtet Pearson. „Auch in der Siedlung von Durrington Walls wurde dieses Fleisch verzehrt.“ Rückstände in Tongefäßen belegen das Kochen des Fleisches, während Feuerspuren an einigen Knochen für das Grillen über dem offenen Feuer sprechen. Ungewöhnlich auch: Pflanzliche Nahrung wurde entgegen sonstiger Gewohnheiten jener Zeit bei diesen Festen offenbar kaum verzehrt.
Milchprodukte für Zeremonien
Im Gegensatz dazu enthielten Gefäßfragmente aus den Zeremonialstätten kaum Fleischrückstände, dafür umso häufiger Reste von Milchprodukten. Die Archäologen schließen daraus, dass Milch, Joghurt und Käse Nahrungsmittel waren, die für spezielle, rituelle Zwecke reserviert waren. Milch gilt wegen seiner weißen Farbe auch heute noch in manchen Naturvölkern als Symbol für Reinheit – möglicherweise war dies auch bei den Besuchern und Erbauern von Stonehenge so.
„Der Fund von Milchtöpfen in den größeren Zeremonialgebäuden enthüllt, dass bestimmte Nahrungsmittel eine rituelle Bedeutung über den bloßen Nährwert hinaus hatten“, sagt Pearson. Die Milchprodukte waren bei diesen Festen vielleicht nur ausgewählten Priestern oder den Anführern der verschiedenen Stämme vorbehalten. „Das Teilen von Nahrung hat sowohl religiöse als auch soziale Bedeutung und könnte dazu gedient haben, die weit verteilten Farmergemeinschaften Großbritanniens zu einen“, mutmaßt der Forscher.
Überraschend gut organisiert
Insgesamt sprechen die neuen Erkenntnisse für eine überraschen stark strukturierte Essensverteilung bei den Festen und ritualen rund um Stonehenge. „Die Ergebnisse belegen ein weit größeres Ausmaß an kulinarischer Organisation, als wir für diese Periode der britischen Geschichte erwartet hätten“, sagt Craig. „Die Bewohner und zahlreichen Besucher dieser Stätten wussten, wie das Essen vorbereitet, konsumiert und verteilt werden sollte.“
Die Funde zeigen auch, dass die Organisation der Massenfeste eine große Zahl an freiwilligen Helfern erfordert haben muss. Sie kamen vermutlich schon vor Beginn der Feste mitsamt Schweinen und anderen Lebensmitteln aus nah und fern herbei. Wie die Forscher erklären, handelte es sich dabei wahrscheinlich nicht um Sklaven, denn das Muster der Feierlichkeiten passe nicht zu einem System der Zwangsarbeit. (Antiquity, 2015; doi: 10.15184/aqy.2015.110)
(University of York, 14.10.2015 – NPO)